Hochamt des Weins

Von Michael (Text) und ctilmann/ProWein (Fotografie) – Für Weintrinker ist die ProWein in Düsseldorf die Hochmesse des Jahres. Wir sind mal drübergeschlendert, als Weinscouts für einen super Landgasthof im Sauerland und haben nach Vorliebe probiert. Bilder gibt’s nur offizielle von der Messe D-dorf, weil Betriebsoptiker Franz nicht mit war, dafür Eule, der Bub‘, Steffi und noch ein paar Weinliebhaber.

Fangen wir an bei einem Lieblingsweingut, weil: kantige, charakterstarke Weine, die gegen den Mainstream gemacht werden, von Hans-Peter Ziereisen aus Efringen-Kirchen/Baden. Konzentration ist alles beim Wein, also auch auf der Messe mit einem nicht zu bewältigenden Angebot. Wir picken uns den Gutedel heraus, eine vorwiegend im Badischen und in der nahen Schweiz angebaute Rebsorte. Der Heugumber (2014, 5,80 Euro) ist der Einstiegswein, ein wenig Hefe in der Nase, auch Fenchel. Er wirkt durch längere Lagerung auf der Hefe breitschultriger als etwa die feinen, geschliffenen Gutedel von Hermann Dörflinger aus Müllheim.

Jaspis zündet die erste Aroma-Granate

Der Viviser (2014, 7,80 Euro) ist schlanker, frischer mit Zitrusaromen und geht kreidig über den Gaumen, die nächste Qualitätsstufe stammt aus der Parzelle Steingrüble (2103, 12,80 Euro) und bringt durch den Ausbau im großen Holzfass entsprechende Aromen mit. Dann die erste Aroma-Granate des frühen Tages: Ein Grauburgunder aus alten Reben, die Hans-Peter und Edeltraud Ziereisen unter dem Namen Jaspis vermarkten: konzentriertes Bukett, weiße und gelbe Früchte (Ananas), Holzton durch 22 Monate Fassreife. Mit 55 E,- pro Flasche nur was für große Portokassen oder ganz besondere Anlässe.

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Nach weiß, rosé und rot: blauer Wein aus China

Wir unterschlagen die vielversprechenden Verkostungsnotizen einiger Stars (Van Volxem: Fassprobe Schiefer-Rieslig 2015, Fassprobe 2015 Saar-Riesling; von Othegraven: Kanzemer trocken, Fassprobe Kupp und Günter Jauch himself schenkt am Stand seines Saar-Weinguts brummbärig, aber dem Publikum durchaus zugetan aus) ProWein16_04und gehen zu Marion Sailer vom Pfälzer Weingut Knipser und probieren einen Riesling (2015 Laumersheimer Kapellenberg, 8,60,-), der auch von Mosel/Saar/Ruwer stammen könnte, er ist feinstofflich, hat Zitrus- und mineralische Aromen. „Wir haben auch Kalk im Boden“, sagt Marion Sailer. Der Steinbuckel (2014, Großes Gewächs/Große VDP-Lage, 24,-) aus einer wärmeren Lage ist „sehr gradlinig, den Höhepunkt erreicht er nach sieben, acht Jahren, wenn die Primäraromen zurücktreten und man das Terroir schmeckt“, erläutert Marion Sailer. Der 2013 Spätburgunder „Kalkmergel“ (19,-) duftet und schmeckt intensiv nach Sauerkirsch, der „Kirschgarten“ (GG/VDP Große Lage, 37,-) steigt dicht, süß in die Nase, mit Röstaromen, Kaffee und hinterläßt feinbittere Tannine.

„Krasser Durchwurzelungshorizont“

Wie bei Knipser werden wir auch beim Weingut Hahnenhof von Toni Jost aus Bacharach außergewöhnlich freundlich und unvoreingenommen empfangen. Cecilia Jost bebildert die Philosophie des Gutes mit Lagen-Bildern vom iPad. Der „Durchwurzelungshorizont ist krass und cool“, sagt sie. Nach nur 1,50 Metern stoßen die Rebwurzeln auf massiven Fels. Die Weine werden sorgsam und so wenig wie möglich bewegt. Die aktuellen Orts- und Terroirweine sind von Primäraromen und leichter Kohlensäure geprägt, der 2015er-Riesling Bacharacher Hahn (Kabinett) ein „Rohdiamant, tief wie der 2014er“, sagt Cécilia Jost, seine Bodennoten zeigt er erst nach einem Jahr. Erstaunlich: Alle Weine sind erschwinglich.

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Experte: Tatort-Mario alias Andreas Hoppe

Ab nach Südtirol, Terlan ist eine Kellerei, die die ganze Flöte Südtiroler Rebsorten keltert. Der 2014er Sauvignon Winkel: grüne Nase, Stachelbeere, spritzig-stachlige Säure; der Sauvignon Quarz: körperreicher, Fenchel, Lakritz im Nachhall; der Lagrein 2015: Schokolade, Kirsche, Pfeffer, feines Tannin; der Lagrein Gries: teilweise ein Jahr im Barrique, mit 14 % breitschultrig von Statur, getrocknete Feige, Tabak*, starker Abgang; die Lagrein-Riserva Porphyr (2013): schwarze Früchte im Bukett, mehr „Feuer“, schmelziges Tannin, Lakritz am Gaumen.

Wer Rosé-Weine mag, kommt am 20/26 von Elena Walch nicht vorbei. Die Grande Dame des Südtiroler Weinbaus wird uns die Beschränkung auf die Cuvée aus Merlot, Pinot Noir und Lagrein verzeihen müssen, aber der 20/26 ist einer der besten Roséweine, die es zu trinken gibt: feinstofflicher Duft nach Pfirsich und Erdbeere, dezente Säure.

Muri-Gries: Weißburgunder 2015 mit 13,5 %, sehr konzentriert, Duft nach Heu, Fenchel und Melone, mineralisch am Gaumen, der Lagrein 2015 scheint aus sehr reifem Lesegut gekeltert zu sein, die Riserva 2012 ist verschlossen im Duft, entwickelt im Mund aber sehr dichte, fruchtige Trockenpflaumenaromen.

Mehr Kräuterwürze

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Franzwallner, gelber Muskateller 2015: mineralisch, gelbe Früchte, mit 11,5 % Alkohol leicht; Morillon (Chardonnay): konzentriert, intensive Mirabelle, körperhaft.

Tement, Fassprobe Gelber Muskateller Steirische Klassik: Melone, leicht kreidig im Abgang; Lage Hochkittenberg 2015: mehr Nervigkeit und Strenge, deutlicher Schieferton.

Lackner-Tinnacher, Gelber Muskateller Steirische Klassik (12,-): feingliedrig, gelbe Pflaume, mit 12 % nicht zu schwer; Gelber Muskateller, Ried Gamitz (17,50,-), geerntet von über 50 Jahre alten Stöcken, bringt mit längerer Lagerung auf der Feinhefe mehr Kräuterwürze mit.

Vor dem Ende der Messe kniet man noch mal nieder

Eine Neuentdeckung für mich: das Weingut Josef Salzl, Neusiedlersee. Der Name ist hier Programm. Die Weißweine bringen, geprägt durch die Salzlacken der Pannonischen Tiefebene, salzige Aromen mit. Großes Gaumenkino sind der rote Pannoterra 2013 und der Sacris Premium 2012 (beide Kirscharoma, dunkle Beeren, elegant), aber der Preis-Leistungs-Wein ist die 2013er Zweigelt Reserve (9,-): würzige Trockenobstaromen, u.a. Pflaume, kräftige Statur.

Perfekt eingefangene Aromen

Bevor man aus der Messe geht, kniet man sich noch mal nieder. Wir tun das vor dem Haselnuss-Brand der Schweizer Edel-Brennerei Etter. Perfekt eingefangene Düfte und Aromen, kein mit Kakaopulver erzeugter „Nutella“-Geschmack. Du sitzt mitten drin im grünen Haselnussstrauch, riechst seinen Duft und hast den Geschmack frischer, weißer Nüsse im Mund, anschließend Röstaromen!

*Geschmackseindrücke wie beim Lotto immer ohne Gewähr; andere Weintrinker riechen und schmecken andere Aromen.

Michael_Autor

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