Auf dem Töte(n)kopf

Von Michael (Text und Fotos) – Mehr zu dieser kryptischen Überschrift gibt es später, erst einmal ein fettes: Wahnsinn! Die Macher dieses Platzes auf dem Gipfel über Altenhundem hatten den genau richtigen Riecher, als sie vor zwei Jahren die Plattform „Top of Töte“ errichteten. Was man hier sehen kann: nach links, rechts, oben, unten, rundherum: supercalifragilisticexpialigetisch. Mary Poppins muss mit ihrem Regenschirm über die Töte geflogen sein.
Unten, an der Schützenhalle in Altenhundem, mit Blick auf den Gipfel der Töte im Dunst: verflixt, die Minen beider Kugelschreiber sind trockengelaufen, Keilschrift kann ich nicht, also ins Zentrum zum „Wiewowatt“, einer Servicestelle für Bürger und Bahnfahrer. Hier bekommen Kunden aber nicht nur Informationen und Fahrkarten, sondern saumselige Wanderer von der netten Dame im Dienst auch einen Kugelschreiber der Stadt Lennestadt geschenkt.

Man kann sehr gut sehr weit gucken

Loide! Wenn man das Straßennetz oberhalb der Kirche verlassen hat, geht es an der kleinen Kapelle mit dem Bild der Madonna von Tschenstochau steil den Hang hoch. Links blickt man auf die Halberbrachter Berge und deren Windräder, rechts in den entwaldeten Hang der Töte, denn so heißt der 543 Meter hohe Berg. In langen, selbst gewählten Schleifen geht es hinauf zum Gipfel. Gelegentlich gemahnen trockene, rissige Baumruinen an die Urheber der kahlen Flächen, an Messingkäfer und Buchdrucker. Vorteil des Borkenkäferfraßes: Man kann an jeder Stelle sehr gut sehr weit gucken, vor allem oben auf  „Top of Töte“. Ja, ein gewöhnungsbedürftiger Anglizismus, den sich die Altenhundemer Initiatoren ausgedacht haben, aber der Berg heißt nun mal „Töte“.

Die Bürokratie schlägt zu

Doch jedes noch so gut gemeinte Projekt läuft in Deutschland mit garantierter Sicherheit auf bürokratischen Grund. Nachdem der Ort und sein acht Meter hohes Gipelkreuz mit der Aufschrift „Ich bin bei euch alle Tage“ im März 2023 durch den Altenhundemer Pastor Markus Leber feierlich eingeweiht wurde, wieherte ein paar Monate später der Amtsschimmel. Steht das Kreuz auf Altenhundemer oder Kirchhundemer Grund und welche Bauaufsichtsbehörde ist zuständig für die Genehmigung?
Der Journalistenkollege Volker Eberts zitierte im September in der Lokalpresse den Lennestädter Bürgermeister Tobias Puspas: „Wenn das Kreuz in Kirchhundem steht, dann ist die Gemeinde bzw. der Kreis Olpe als Baugenehmigungsbehörde am Zug. Dann sind wir raus.“

„Waldumwandlung“

Man muss da auch nichts neu vermessen, wie Puspas meinte, denn ein Blick in das offizielle Geoportal des Innenministeriums NRW legt deutlich nahe, dass nicht nur der Gipfel der Töte, sondern auch das Kreuz auf der vorgelagerten schmalen Nase auf Kirchhundemer Grund steht (guckst Du hier, Gemeindegrenze lila).
Bekanntlich haben Dramen mehrere Akte, und so meldete sich schließlich noch der Landesbetrieb Wald und Holz zu Wort. Die abgeholzte Fläche gehöre der Behörde und die zuständige Untere Forstbehörde Olpe monierte das Recyclingmaterial, mit dem die Fläche unterbaut wurde sowie den fehlenden Antrag zur „Waldumwandlung“ (den übrigens auch der Borkenkäfer nicht gestellt hat ;-).

Der Blick: unbezahlbar!

Gottseidank sind sich alle Beteiligten einig, dass der Aussichtspunkt über Altenhundem ein tolles Projekt ist. Allerdings muss der Bauschutt entfernt werden und so sieht es oben auf „Top of Töte“ noch etwas unaufgeräumt aus.
Der Blick: Unbezahlbar, pornoramisch! Oberhalb von Meggen schmiegen sich die spitzen Sauerland-Pyramiden in den Hang, die Hohe Bracht ein scharfer Schattenriss im Dunst, die Gymnasien Maria Königin und das Städtische, meine alte Penne, das Rathaus im Tal.
Über den Bettinghof geht es ins Kirchhundemer Tal hinunter. Forststraßen ziehen allüberall durch die entwaldeten Berge und lockern die Einöde grafisch auf. Halbhohe Stammreste stehen als bleiche, verwitterte Zahnstumpen im Hang. Buntes? Es gibt aktuell nur Schneeglöckchen und hier und da strahlend gelben Huflattich. Es ist keine landschaftlich abwechslungsreiche Tour, dafür entschädigt aber der grandiose Rundblick auf der Töte, vom „Aussichtsreich“ über Altenhundem.

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