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Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – …das kommt als Laufsteg heraus, wenn Du nicht als naturliebender Waldheini, sondern als Vorstadtsoziologe in der Dortmunder Nordstadt unterwegs bist.

Aber erst einmal: Schön, nach ein paar Wochen Wanderabstinenz wieder in Dienstkleidung am Start zu sein! DO-uWing (Eving), Süggelwald. Wir machen nicht das, was Moderator Helmut Rehmsen im WDR2-Morgenmagazin vorgeschlagen hat („Die Sonne scheint, Zeit für Gartenarbeit oder Frühjahrsputz?), sondern wandern durch den Süggelwald Richtung Brechten.

Die Kirche ist ein Schmuckstück

Das Biotop hier oben im Norden: kleinbürgerlich, die Gaststätten heißen Siedlerklause und sind dauerhaft geschlossen wie so manche Eckkneipe in Dortmund. Die Dorfkirche in Brechten ist ein echtes Schmuckstück. Um 1250 als Hallenkirche in „der Übergangszeit von der Romanik zur Gotik“ errichtet, informiert die Info-Tafel. Heute gehört sie zur evangelischen St.-Johann-Baptist-Gemeinde und wird umrahmt von urwüchsigen alten Eichen und einem Kreis aus Fachwerk- und Ziegelhäusern. Eine steinerne Stele vor dem Glockenturm erinnert an die in Kriegen gestorbenen Bewohner des Brechtener Kirchspiels. Und weiß Gott, wir Deutschen haben oft gekämpft, gegen „Oestreich“ 1866, gegen die Franzosen 1870/71 und in den nachfolgenden Weltenbränden 1914-1918 und 1939-1945.

Hoodie oder Prinz-Heinrich-Mütze?

Draußen, hinter dem Vorort, rauscht uns auf freier Pläne ein scharfer Wind um die Ohren. Hoodie auf und weiter! Sauber gestochene Kanäle am Wegesrand – hatten wir schon erwähnt, dass wir weite Strecken auf Teer unterwegs sind? – drainieren die schweren, sattnassen Felder. Am Horizont im Norden begegnen sich die Ikonen alter und neuer Energiegewinnung: links ein dampfender Kohlekraftwerkskühlturm, rechts hält ein Windrad seine Nabe ungeniert in die Südströmung. Dass davor ein Fahrer mit Prinz-Heinrich-Mütze und Uraltgolf dahergondelt, rechnen wir dem Zufall zu.

Bergsenkungen!

Die Kümper Heide: Fläche, Fläche, Fläche. Die Natur duckt sich unter dem kalten Luftstrom noch weg und hält die Triebe bedeckt. Rechter Hand: Große Wohnblöcke, linker Hand: der Süggelbach, der hinter jeder Kurve seine Geschwindigkeit zu ändern scheint. Bergsenkungen! Franz entdeckt eine Passage, in der quer zur Strömung eingebaute Baumstämme die Fließgeschwindigkeit des Wassers bremsen. Andernfalls, davon zeugt die steile Abbruchkante am anderen Ufer, würde sich der Bach mit der Zeit noch tiefer in den Lehm fressen. Ein paar hundert Meter weiter dümpelt er scheinbar regungslos auf der Stelle.

Eckig, geometrisch!

Am Bürgerpark Gahmen stoßen wir auf eine neue, strenge Form der Naturmöblierung. Eine kombinierte Sitz/Liege, eckig, kantig und geometrisch klar abgezirkelt, lädt zur kleinen Meditation zwischendurch. Interessant, die Verdunstungsgeschwindigkeit kleinerer Wolkenfetzen unter verschärfter Sonnenstrahlung…

…hat offenbar auch auch Wirkung auf Gesprächsthemen. Wir reden Politik und darüber, dass Wahlen (an diesem Sonntag) in Deutschland auf einmal wieder richtig spannend sein können, auch wenn es nur um Landtagsparlamente geht und landen bei der Frage, wie es um die Zukunft unserer Welt steht. Die wichtigeren Dinge entscheiden ja bekanntlich die Frauen. Unser Battle geht remis aus, bzw. rosig/nicht rosig.

Baumarktholzromantik

Die alte Kolonie Kirdorf im Stadtteil uWing bringt uns auf andere Gedanken. Die gestalterische Architektur der betagten Zechenhäuser ist durchaus noch erkennbar und es nähme nicht Wunders, wenn Schimanski um die Ecke poltern würde, aber die Bausubstanz ist dem Geschmack ihrer Bewohner mittlerweile schutzlos ausgeliefert, trotz Denkmalschutzes. Hier kippt ein Hausherr eine Wagenladung Kies in seinen Vorgarten und harkt ihn, dort umrahmt Baumarktholzromantik das Eigenheim. Am Wrangelplatz eine weitere Ruine der Zechenzeit: Dort steht der einstmals schönste Kiosk Dortmunds, die Rolladen geschlossen wie die Redaktionen der Westfälischen Rundschau, für die das Büdchen noch Reklame trägt. Die Zeitung gibt es dem Namen nach noch, aber auch sie eine Ruine einstmals selbstbestimmter linksliberaler Öffentlichkeit, heute zusammengeschustert aus den Informationsschnipseln eines anonymen „Newsdesks“.

Guckt mal auf twitter!

Wieder in Eving. Das schlanke Minarett des dortigen islamischen Kulturvereins passt sich den Farben des weißblauen Himmels an und nahtlos ein in die Vorort-Skyline. Geht doch, dieses Ding mit dem Zusammenleben.

PS: Wer auf Twitter ist, findet uns unter wandervogel@dieschlenderer.

Franz_Michael_klein

 

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