Eine Runde mit Kultstatus

„Toll, so eine schöne Atmosphäre bekommt man nur in so einem Ort wie Melbecke hin“, meint „Franzmann“ zufrieden nach über zehn Kilometern Wanderung durch die Melbecker Hügel und man muss erläuternd ergänzen: Solche Spitznamen wohl auch. Franzmann stammt aus dem Melbecketal und hat sich mit seiner Frau und schätzungsweise 150 Wanderinnen und Wanderern am Hof Verse eingefunden, um auf den 5. Melbecker Schnadegang (27. April) zu gehen.

Schnadegang hat Tradition im Sauerland

Die Runde, die nur alle fünf Jahre stattfindet – 2004 zum ersten Mal-, genießt in Lennestadt Kultstatus. So verwundert es nicht, dass auch Leute von weiter weg herkommen und mit den kurzen, launigen Worten von Gründervater Josef Geuecke auf die Strecke geschickt werden: „Wir gehen Richtung Finnentrop und gucken da mal, man weiß ja nie, was die mit den Stadtgrenzen machen.“ Die Begehung der Stadt- und Gemeindegrenzen hat Tradition im Sauerland.
Dieses Mal haben Wanderführer Torsten und das Orga-Team eine kleine Kursänderung in die Strecke eingebaut. Der neue Abschnitt führt – im Sauerland ein stetes, trauriges Bild -, entlang entwaldeter Höhen, um an der „Lutzi“, einem Kapellchen zu Ehren der hl. Lucia -, auf die alte Landstraße zu münden. „Hier kannst Du 30 mal hergelaufen sein, es ist immer wieder schön“, meint Meinolf, der schon 2019 dabei war.

Na sowas: Ein Hund im Schal

Wie eine lange, bunte Raupe schiebt sich die Menge der Wanderer durch die Gegend. Mal stauen sich die Leute, dann reißt die Gruppe auf. Die Wanderer treiben wie Holzstücke auf einem ruhigen, tiefgründigen Bach, finden sich zu Grüppchen zusammen, treiben wieder auseinander, treffen mit anderen zusammen, Zeit für neue Gespräche. Die Zusammensetzung ist familiär, da ist der schubkräftige Vater, der einen geländegängigen Doppelkinderwagen mit Zwillingen die Steigung hochdrückt, ältere, vitale Sauerländerinnen, die die Herausforderung mit Wanderstöcken angehen, Väter, Mütter, da sind jede Menge Hunde, die den Auslauf begeisternd annehmen – bis auf Hündchen Theo, das in einem großen Schal getragen wird. Hinterdrein folgt ein Trecker mit Planwagen, der müde Leute aufliest oder von vornherein weniger fußgängige Menschen am Schnadegang teilnehmen lässt.

Das Dorf stemmt alles gemeinsam

Ein Stück hinter der Larmeckequelle, an einem Wege-Dreieck, wird Rast gemacht bei belegten Brötchen und kühlen Getränken. Die Logistik, Bänke und Zelte, Bier und Brötchen schmieren, wird von der Gemeinschaft der Melbecker gestemmt. Guido, einer davon, ist mit der Resonanz auf den 5. Schnadegang sehr zufrieden. „Es sind gefühlt mehr Leute dabei als letztes Mal. Rund 150 Teilnehmer, das ist eine gute Größe, die wir als Dorfgemeinschaft händeln können.“

In diesem Tal ist alles viel

Zurück am Versen-Hof geht die Feier erst richtig los. Hubertus befeuert den Grill mit einer Schüppe, Grillkohle, so scheint es, wird eher in Zentner gemessen. Auf der Schürze ein kesser Spruch: „Gestern noch geritten, heute schon mit Fritten“. Frank und André verteidigen am Bierwagen den Ansturm der Durstigen, es gibt im „Café“ in der Scheune Kaffee und Kuchen. Auch der Bürgermeister schlägt kurz auf in feinem Zwirn, er war beruflich verhindert: „Ich komme von einer Heirat und habe gerade ein Paar vermählt“, sagt Tobias.
Hier im Melbecker Tal ist an diesem Tag alles viel: Viel Landschaft, viel Gespräche, viel Bier und vor allem: viel Gemeinschaft. Oder um noch einmal „Franzmann“ zu zitieren: „Lass 6000 Menschen am Rhein feiern. So etwas wie hier in Melbecke erleben die sicher nicht.“

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