Im Rausch der Farben: Kunst zum Eintauchen

Von Dorothe und Michael – Wo einst Druckluft erzeugt und durch Winderhitzer in die angrenzenden Hochöfen gejagt wurde, wirbeln heute digitale Pixel durch die großen Hallen und projizieren Werke großer Wiener Maler an die Wände der früheren Gebläsehalle: Willkommen bei Phoenix des Lumières.
Es ist die Geburt der Aera begehbarer Kunst. Die Gebläsehalle Phoenix-West in Hörde, die ein kurzes, erfolgloses Zwischenleben als Konzertort hatte, wird seit Ende 2022 von dem französischen Unternehmen Culturespaces als „erstes Zentrum für digitale Kunst in Deutschland“ geführt. Gründer Bruno Monnier sei davon überzeugt, dass die Bedeutung des Standortes und des Ausstellungsgebäudes großen Einfluss auf die ausgestellte Kunst habe sowie auf die Menschen, die sie besuchen, heißt es. In Dortmund fanden die Franzosen eine ideale Bühne. Ein Ort mit prägender Geschichte, mit 2200 m² Grundfläche viel Raum und 5600 m² Projektionsfläche, die mit 110 Videoprojektoren, 28 Lautsprechern und 10 Subwoofern bespielt wird.

„Werke erlebbar machen”

Berühmte Gemälde von Gustav Klimt, Friedensreich Hundertwasser und Egon Schiele flackern in dieser immersiven Ausstellung über die Wände, verändern und bewegen sich; Tausende Rosen erblühen, ein Baum wächst aus dem Boden, bunte Häuserreihen ziehen vorbei oder die schrägen Figuren aus Schieles Milieu. „Genau das ist ja unsere Expertise: Die Werke berühmter Künstler so erlebbar zu machen, dass sie scheinbar mit dem Gebäude verschmelzen“, sagt Monnier.

Ausstellung auch in Seoul

In Paris sehen nach Angaben von Culturespaces mehr als eine Million Besucherinnen und Besucher pro Jahr im „Atelier des Lumières“ die digitalisierten Kunstwerke von Vincent van Gogh, Claude Monet, Gustav Klimt und Salvador Dalí. Weitere Standorte liegen in Amsterdam (Fabrique des Lumières), New York (Hall des Lumières) und Seoul (Théâtre des Lumières).

„Kunst demokratisieren”

Zentraler Künstler der Dortmunder Ausstellung ist Gustav Klimt, der die Wiener Secession anführte, eine Bewegung, die sich von der akademischen Kunst lösen wollte. 120 Jahre später geht das französische Unternehmen Culturespaces noch einen radikalen Schritt weiter. „Wir entkoppeln die Gemälde großer Künstler von ihren ursprünglichen Plätzen in den Museen und bringen ihre Werke in digitaler Form zu den Menschen in aller Welt. Damit tragen wir dazu bei, den Zugang zur Kunst zu demokratisieren“, sagt Bruno Monnier.

Flüchtiges Farbenmeer

Für eine Ausstellung in dieser Größenordnung benötigt Culturespaces zwischen 300 bis 450 Gemälde. Wasserschlangen II, Buchenwald I, der berühmte Kuss, ein Porträt von Adele Bloch-Bauer, Kirche in Cassone, viel Gold (Klimt), Irinaland auf dem Balkan (Hundertwasser) oder Schieles Häuser mit Wäschetrocknung und viele andere mehr beleben die Gebläsehalle; allerdings nicht als echte, körperhafte Gemälde, mit denen man sich in aller Ruhe auseinandersetzen könnte, sondern als flüchtiges Farbenmeer.

Ist das noch Kunst?

Der Besucher taucht ein, verschmilzt mit der Umgebung und wird Teil der Ausstellung. Er hängt auf Sitzkissen rum, auf alten Kabeltrommeln oder, wenn gesitteter, auf einer kleinen Tribüne. Man muss den Machern zugute halten dass sie der Versuchung widerstanden, ein furioses Spektakel zu veranstalten. Der Bildwechsel ist gemach, die Werke werden mit gesetzter klassischer Musik unterlegt. Nachhaltig und informativ ist diese Art der Auseinandersetzung mit Kunst jedoch nicht. Werke großer Maler, vorsätzlich dekonstruiert und von den Kreativdirektoren Gianfranco Iannuzzi, Renato Gatto und Massimiliano Siccardi eindrucksvoll wieder zusammengesetzt.
Ist das noch Kunst? Sicher nicht, aber sehr gute Unterhaltung.
Die Öffnungszeiten: Sonntag bis Donnerstag, von 9 bis 17 Uhr Freitag und Samstag 9 bis 21 Uhr. www.phoenix-lumieres.com

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