Ausweitung der Kampfzone

Wenn man von Fleckenberg nach Jagdhaus hochsteigt, fällt einem angesichts der durch den Borkenkäfer verwüsteten Höhenzüge unweigerlich obiger passender Romantitel von Michel Houellebecq ein. Aber dazu später mehr.
Die Tour beginnt vom Wanderparkplatz in Fleckenberg weg nämlich vorbildlich mit einem schmalen Saumpfad entlang der Latrop. Infotafeln klären auf über Bäume, Pflanzen und was so kreucht und fleucht in diesem Biotop. Ein Kriegerdenkmal gedenkt „Unsern Helden“, unserneins denkt nur an den Blutzoll, den diese Menschen ihren wirrköpfigen Herrschern zahlen mussten.

Lupinen, Habichtskraut

Dann geht es rechts hoch durch ein Wohngebiet, der Weg endet unterhalb der Straße nach Jagdhaus. Rennradfahrer sind hier noch mit flottem Tritt unterwegs. Das anschließende Waldgebiet ist gar keines mehr. Auch hier – bis nach Jagdhaus hoch – hat der Borkenkäfer mit millionenfacher Armee die Fichten absterben lassen wie nekrotisches Gewebe: Ausweitung der Kampfzone in die Höhenlagen des Sauerlandes. Der folgende Marsch führt kilometerweit durch trockene Ödnis und entwaldete Hänge. Man muss sich an Kleinigkeiten am Wegesrand erfreuen: Lupinen, Vergissmeinnicht, Habichtskraut und am Duft von Spelzen, trockenem Laub und Holz.

Fraßfront verschoben nach oben

Vor fünf Jahren hatte niemand damit gerechnet, dass der Käfer die Frontlinie auch deutlich über 600, 700 Höhenmeter verschieben könnte. Experten des Landesamtes für Natur- und Umweltschutz hatten seinerzeit in einer Studie prophezeit, dass die Fichte in Höhenlagen bis 400 bis 500 Meter in einigen Jahren keine Chance mehr hätte.

Kraftplatz Schäferhof

Tja, erstens kommt es anders, zweitens schneller als man denkt. Dafür entschädigen nun weit reichende Blicke über, nun ja, kahle Hänge den Wandersmann. Und dann taucht am Horizont ein wahrer Kraftplatz auf: der Schäferhof in Jagdhaus, die Terrasse davor gesäumt mit saftiger, grüner Alm. Schöne Stunden kann man hier in familiärer Umgebung und bei bester Kost verbringen. Der Chef selbst, das sieht man aus der Entfernung, bedient noch selbst auf der Terrasse, ein Hinweis, dass sich die Personallage immer noch nicht entspannt hat. Corona und Borkenkäfer sind zwei der vier unheilbringenden Reiter der Apokalypse. Oder Akopalypse, wie Helge Schneider sagen würde.

Ein Fleckenberg in Fleckenberg

Der Abstieg zurück nach Fleckenberg gestaltet sich manierlicher, weil: großzügiger bewaldet und belaubt. Doch auch hier, am Nordhang, stehen verdorrte Fichtenpinsel, an die noch niemand die Axt gelegt hat. Am Fuße der Berge schwenkt der Weg nach links zurück auf den schattigen Bachweg der Latrop. Wasser gurgelt, Mountainbiker passieren, dann kommt Fleckenberg in Sicht. Ach ja, immer wenn ich durch den Ort fahre, muss ich mich unweigerlich an eine Begebenheit erinnern. Unserer Tochter wird oft schlecht beim Autofahren. Hier war es vor einiger Zeit wieder mal soweit: In Fleckenberg machte sie auf dem Bürgersteig einen großen Fleckenberg…

 

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