Naturrunde, Naturkunde

Von Michael (Text) und Franz (Fotografie) – Was schreibt man über eine 15 Kilometer lange Wanderung rund um die Homert (656 Meter), wenn sich der Tag mattgrün und nebelgrau dunstig gibt? Aussichtslos? Hört sich genauso desillusioniert an wie die Sprechstunde, mit der wir die Tour in Niedersalwey beginnen.

Wir sind zu dritt und haben: verrenkte Rückenwirbel, Bandscheibenschäden, einen Muskel am rechten hinteren Oberschenkel, der „zumacht“, linkes Knie, nochmal Rücken, der ins Streckbett musste, Iliosakralgelenk (links und rechts neben den untersten Hinternwirbeln) und einen Bluthochdruck, der unter Belastung für zwei reicht. Wenn man es geschickt anstellte, bekämen wir aus den Teilen von diesen drei Leuten einen passablen Wanderer zusammengestellt.

„Mann, Mann, früher waren wir schneller”

Aber wir halten es wie die echten Alten in früheren Zeiten: „Kreuz gerade und weitermachen” und lassen es langsam, gemessenen Schrittes angehen, wie es sich für seriöse Wanderer gehört. Nur Franz moppert: „Mann, Mann, früher waren wir schneller unterwegs.” Ich kontere salomonisch mit einer der Weisheiten der Schwiegermutter: „Im Alter hört alles von alleine auf” und lasse vorsichtshalber offen, was sie damit meinte.

Wir einigen uns auf einen kleinen, gemeinsamen Nenner: Die Natur tut uns gut. Man kann beim Wandern besser denken. Es ist eine gesunde kleine Flucht vor den Zumutungen des Alltages. Und überlassen uns dem Weg.

Oben auf der Homert: dunstgesättigte Luft

Das Tal der Salwey ist Ende Juni vor allem eines: satt grün von den Wiesen bis zu den Sträuchern, Gebüschen und Bäumen. Andere Farben? Fast Fehlanzeige. Der Ginster hat sein stechend grelles Gelb weitgehend verloren, nur Holunderblüten und Fingerhut unterbrechen das allgegenwärtige Grün. Gut, mit etwas mehr Sonne (12,5 Grad, bedeckt) könnte man zur Homert hoch etwas luftiger ausschreiten, und auf dem höchsten Punkt des gleichnamigen Naturparks hätten wir gerne die Orte gesehen, die uns die Info-Tafeln verheißen: Balve, Meggen, Hunau. Stattdessen: dunstgesättigte Luft, die in Nanotröpfchen ausfällt. Wir befinden: für ein nebelverhangenes Caspar-David-Friedrich-Motiv zu wenig dramatisch und schlendern auf dem Sauerland-Höhenflug weiter.

„Fichte dunkelst”

Kyrill hat auf dem Homert-Höhenzug übrigens weniger barsch geholzt als anderswo, weswegen wir meist von hohen Buchen und Fichten umgeben sind. Vor Eslohe treffen wir ein Paar, das in kurzen Hosen und mit roten Wangen heraneilt. Twee Nederlander, de wandelen zonder bagage op de Höhenflug (war das jetzt richtig?) wie sich herausstellt, seit Korbach unterwegs. Leicht neidisch (a: wegen der Gesamtstrecke, b: wegen der Geschwindigkeit) schauen wir ihnen hinterher. Rast unter dem Vordach der SGV-Hütte Eslohe. Bewundern der Holzbeize-Wahl des Hüttenwarts. Anerkennendes Nicken angesichts der Farbmischung „Fichte dunkelst”. Hier musst du auch sommers draußen das Licht anknipsen.

Ein Kiebitz in der Wiese

Am gegenüberliegenden Hang der Homert steht ein echtes altes Schmuckstück: die Rochuskapelle aus dem Jahr 1637, in der Zeit der Pest unter harten Bedingungen erbaut und das älteste Esloher Bauwerk. Durch eine Holzluke kann man hineinschauen und die zartblassen, originalen Wandbemalungen des schmalen Kapellchens bewundern. Im Tal unten beobachten wir den lässigen Schaukelflug eines mächtigen Milans. Hinter dem Sauerland-Radring, den wir queren, entdecken wir einen Kiebitz in der Wiese. Mann, schon lange keinen mehr gesehen! „Schön, mit seiner Haube oben auf dem Kopf”, meint Franz. Oder war es Martin? Zu dritt begrüßen wir einhellig seine Sichtung. Hinter dem Ortsschild von Niedersalwey nach Obersalwey hin hatten wir am Morgen einen fetten Fuchs durch die Auen schnüren sehen.

Naturrunde, Naturkunde. Auch wenn es in Dortmund später 18,5 Grad hatte, wir waren nicht in der falschen Ecke.

Franz_Michael_klein

Unsere Wanderung stammt aus dem Kompass-Wanderführer Nr. 5256 „Sauerland” von Sylvia und Thilo Behla und wurde fürs Handy nachgezeichnet mit dem Tourenplaner von Outdooractive:

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