Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Jo, auch solche Wanderungen gibt es. Zwar weißt Du vorher nie, was an Überraschungen in der unbekannten Fläche steckt, in diesem Fall waren es nicht viele.
Was gab es zu sehen? Kloster Oelinghausen (einst ein Prämonstratenserinnenkloster), den Potsdamer Platz (eine große, langweilige Waldkreuzung, wo früher Langholz abgefahren wurde), ein Gedenkstein (100 Jahre Schnadegang Neheim), ein schmuckloses Bethaus in einem Gewerbegebiet, das Schloss Herdringen (privat, Durchgang verboten) und am Ende der Gasthof Danne, der wie immer montags und dienstags geschlossen hat. Selbst Streckendesigner Franz seufzt kummervoll angesichts der Route, die er ab Kloster Oelinghausen geplant hat: „Was habe ich mir nur dabei gedacht?“.
Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen
Wir könnten hier also sagen: Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen (oder zu lesen).
Egal, jetzt sind wir hier und gehen los, nach einer kurzen Inspizierung des Klosterareals. Heute leben die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel hier. Möge der Frieden mit ihnen sein und mit uns, denn diese Wanderung könnte die letzte sein in Friedenszeiten. Schließlich hat haben die US-Geheimdienste bombensichere Erkenntnisse darüber, dass Wladimir Putin am Mittwoch seine Armee losmarschieren lässt in die Ukraine. Aber was heißt schon Frieden? Irgendwo auf dieser Welt ist immer Krieg.
Die Köpfe heißgequatscht
Dass wir uns die Köpfe heißquatschen über Politik ist angesichts der ereignisarmen Strecke fast zwangsläufig. Wir decken aber auch alles ab: Ukraine-Krise (kommt der Russe?), Klimakrise, Jetstream, Anti-AKW-Bewegung, die Aktionen der „Klebekinder“, wie die Bewegung „Aufstand der letzten Generation“ despektierlich im Netz genannt wird. Sie blockieren Autobahn-Auffahrten, in dem sie sich auf die Fahrbahn kleben, pflanzen plakativ Kartoffeln auf einem Rasen vor dem Bundeskanzleramt, kippen Pferdeäppel und Lebensmittel ins Foyer des grünen Landwirtschaftsministers Özdemir und fordern ein Gesetz gegen Verschwendung aka wegwerfen von Lebensmitteln. Das Ziel geht in Ordnung, die Mittel, es zu erreichen, aber kaum.
Guter Aktionismus, schlechter Aktionismus
Wenn man an einer verzerrten Wahrnehmung der Realität leidet – man sieht die Wirklichkeit wie sie ist und nicht, wie sie sein sollte (danke, Ambros Bierce), dann hat man (ich) für solcherlei Aktionismus nur eine Wertung übrig: gefährlich für die Aktivisten und die Menschen in Rettungswagen, die im Stau davor stehen, und gefährlich naiv, indem sie ihre Unkenntnis über die Erzeugung von Lebensmittel preisgeben. Hört auf die Landwirte! Pflanzt keine Kartoffeln in Grünflächen, sie werden Opfer des Drahtwurms, und Februar ist einfach keine passende Jahreszeit. Franz hingegen hat sich Zuversicht, Hoffnung auf eine bessere Welt und das Verständnis für radikale Aktionen der jungen Menschen bewahrt.
Durchfahrt für Panzer verboten
Auf der „Tour der breiten Wege“ (Franz) landen wir schließlich in Herdringen. Das Schloss hat geschlossen für die Öffentlichkeit, wir bestaunen das Gemäuer aus großer Entfernung. Im Ort steht unter einer Glashaube das Modell des Dorfes, wie es um 1800 herum existiert haben mag. Modelleisenbahnflair, aber ein wenig farblos.
Ach ja: Wenn ihr diesen Text lest, ist der Russe nicht in die Ukraine und weiter nach Westen marschiert. Außerdem wären Putins Divisionen nur bis Kloster Oelinghausen gekommen. Hinter dem Anwesen steht ein Verkehrsschild: „Durchfahrt für Panzer verboten“.