Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – Die Überschrift bezieht sich natürlich nicht auf uns, sondern die Abertausende Kraniche, die bei unserer Wanderung in der Elfringhauser Schweiz laut kreischend über unsere Köpfe zogen. Ein Wahnsinnsschaupiel der Natur!

Jaa, gut, ist ein wenig spät dran der Beitrag, denn der Vogelzug liegt bereits gut eine Woche zurück, aber wir sind ja auch keine Tageszeitung (mehr).

Bei unserem Start auf der Schulenburg in Hattingen liegt das Ruhrgebiet zu unseren Füßen, am fernen Horizont liegt schwefelgelber Dunst. Komisch, dass wir kein Hinweisschild auf den Bismarckturm finden, den wir passieren wollen. Wenige Schritte später ragt das Türmchen kastellähnlich vor uns auf. „Hoffentlich kommt man hinauf”, sagt der bildgebende Experte für Fern- und Ansichten und ein nachfolgendes Knurren signalisiert: Kommt man nicht, gesperrt. Eine schmiedeeiserne Gittertür sichert den Aufgang und zwar zu Recht, denn an der Treppe und ihren Armierungen hat die Korrosion ganze Arbeit vollbracht und ganze Betonbrocken weggesprengt. Also weiter durch den Wald, durchs raschelnde, knöcheltiefe Laub. Macht Spaß, das!

„Dann lag der Sendeturm da”

Und wir bekommen es sogar schriftlich, dass Schlendern so was von gesund ist! Ein Liter Luft im Ballungsraum hat rund 85.000 Staubteilchen, ein Liter Waldluft nur 50 bis 500. Also 0,32 Prozent der Normalbelastung, behauptet der Text auf einer Infotafel.

Nach dem Hattinger Stadtforst wechselt Straße mit kaum erahnbaren Trampelpfaden, die leider in der Unterzahl sind. Ist halt Ruhrgebiet hier bzw. die landwirtschaftlich geprägte Kulturfläche der Elfringhauser Schweiz. Die Natur fläzt sich noch einmal in der milden Herbstsonne, bevor es wieder dunkel wird. Ist das der Langenberg vor uns, darauf zwei aufragende, mit Antennen bestückte Spargel? Ein freundliches Wanderehepaar gibt uns Auskunft. Ja, ist er. 1996, erzählt es, kippte der 160 Meter hohe WDR-Sendemast um, weil ein Hilfsseil riss, ts,ts,ts. „Dann lag er da”, sagt die Frau. Solln wer rüber, da gibt es nämlich noch einen Bismarckturm? Andermal.

Hier gibt es sogar einen Anderl-Heckmair-Weg

Das Laub des Waldes duftet holzig-kräuterig-strohig, erkennen wir da eine olfaktorische Verwandschaft mit Sinsemilla? Nicht, was ihr jetzt denkt. Wir schwören bei Bill Clinton, wir haben nie, nie inhaliert… Für ein kurzes Stück wandern wir über den Neanderland-Steig durchs Felderbachtal, das Wasser murmelt und murmelt, dahinter stoßen wir auf einen Anderl-Heckmair-Weg. What the heck, Heckmair? Genau der, der zur Seilschaft der Erstbezwinger der Eiger-Nordwand gehörte. Uli Auffermann, Journalistenkollege, Wanderer wie wir und Autor einiger Wanderführer, war jahrelang mit Anderl Heckmair befreundet und hat zu seinem Gedenken den Weg und ein Stüberl eigerichtet.

Der Vogelzug will einfach nicht abreißen

Dort, oberhalb des Restaurants Waldhof in Hattingen, geht es dann los. Ein Riesentrupp Kraniche kündet sich mit lautem Gekreische an. Sie kommen vermutlich aus dem Gebiet zwischen Odermündung und Darß. Die Vögel lösen den Keilverband auf und steigen in der Thermik in höhere Schichten auf, bevor sie nach Südspanien weiterziehen. Wie ein gigantischer Mückenschwarm am Himmel, nur sind es Vögel, die eine Spannweite von 2,20 bis zu 2,45 Metern haben! Wir beobachten gebannt und fasziniert und stehen und stehen, denn der Vogelzug will einfach nicht abreißen. Immer neue Keilformationen schieben sich über die Bergkämme wie Marschformationen, die sich in die Schlacht werfen. Irgendwann geben wir das Schätzen auf. Es müssen mehrere tausend Kraniche gewesen sein.

Sogar an der Schulenburg in Hattingen zieht noch ein letzter Verband der tiefstehenden Sonne entgegen. Grandios!

 Die Strecke wurde aufgezeichnet mit der App Outdooractive:

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