In der Waldeinsamkeit

Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – Wir hätten es wissen müssen, schon in Röhrenspring: Stille liegt über dem Ort, ein einzelner Traktor nagelt bei der Durchfahrt kurze Zeit Diesel in die klare Luft, vereinzelt tuckt ein heiseres Huhn. Dieser Weg wird kein lauter sein (danke Xavier Naidoo).

Nur das Janken der Wanderstiefel, das Knirschen von Steinen unter den Sohlen und das Wogen des eigenen Atems in der Brust unterfüttern die Ruhe. Ach ja, dann und wann vervollständigt der plätschernde Waldbach Klischee und Idylle.

Spinnen surfen durch die Luft

Wir haben es gut getroffen, es ist ein herrlicher Altweibersommertag. Junge Baldachinspinnen surfen an ihren Flugfäden durch die laue Luft und weben feinste Kunstwerke in Strauch und Geäst – das Gespinst einer normalen Spinne nimmt sich dagegen wie ein grobes Stahlnetz aus. Beim Fotografieren dieser silbern schimmernden Geflechte scheucht Franz einen jungen Feuersalamander auf. Gelbe Muster leuchten auf dem lackschwarznassen Körper: Noch ein Motiv, doch ein quicklebendiges, das bald im Gras abtaucht.

Jede Pixel Information saugt er auf

Franzmann, geh Du voran. Wenn man ihn so so sieht, beim Wandern vertieft in seine Karte… sie enthält Millionen an Informationen, mehr, als das Telefonbuch einer Großstadt. Jedes Pixel saugt er auf, alle Daten fließen bei Franz in einen der Wissenschaft noch unbekannten Nebenlappen des Gehirns, wo sie sich zu einer virtuellen Abbildung der Umgebung re-formieren. Es ist also völlig ausgeschlossen, dass er sich je in seinem Leben mal verwandert, nicht wahr, Franz?

„Mann, so eine ruhige Wanderung“

Am Forsthaus Gehren finden wir das Motto unserer Runde: „Waldeinsamkeit pur“ steht auf dem Schild des Wanderparkplatzes „Waldbach“. Das „pur“ lassen wir weg, uns genügt schon die einfache Stille und die Beschaulichkeit dieser verlassenen Ecke. Hier wird der Mensch, wenn er hier leben will, auf sich selbst zurückgeworfen. Zwar führt ein schwarzes Kabel zum Forsthaus Gehren, es transportiert jedoch keinen Strom, den Treibstoff der Zivilisation, sondern dient nur der leitungsgebundenen Kommunikation, sprich Festnetz. Ein Handy kannst Du hier sowieso vergessen.

„Mann, so eine ruhige Wanderung haben wir lange nicht mehr gemacht“, meint Franz. Du glaubst, Du bist in eine Parallelwelt gerutscht, in der alles genauso aussieht wie in der realen – nur ohne Autos und Flugzeuge und deren Lärm. Auch die Galloway-Rinder, die am Bachlauf das Gras kurzhalten, scheint es in der Stille zu gefallen.

Aussicht, aber keine Bank

Zwangsläufig müssen wir wieder einmal eine Bankdiskussion anstoßen. Die Kriterien, nach denen Sauerländischer Gebirgsverein und örtliche Tourismusvereine den Wald mit Rastgelegenheiten möblieren, scheinen dem Zufallsprinzip zu gehorchen. Nur auf eines kann man sich verlassen: Dort, wo man die Aussicht genießen könnte, steht mit einiger Sicherheit keine Bank.

Ein Handtuch auf die Waldliege

Einschub: An der Vitus-Kapelle in Elspe, oberhalb des Ortes, steht seit einiger Zeit eine sogenannte Waldliege. Der HERR, der sie dort errichten ließ, tat dies sicherlich nicht ohne Grund. Die Sichtachse des Rastenden ist genau auf Elspe ausgerichtet mit der erhaben auf der Gellestatt ruhenden Kirche des Hl. Jakobus. bankSo machten es Fürsten und Könige im Mittelalter, die den Blick von einem Besitztum zum anderen manchmal kurzerhand freischlagen ließen, und man muss sagen: für eine gute Aussicht genau die richtige Maßnahme. Leider, fügt Claudia an, ist diese Bank in Elspe deshalb meistens besetzt, weshalb sie erwägt, sie frühzeitig mit einem Badetuch zu „besetzen“.

Einschub: Ende

Also schlendern wir weiter bis Wildewiese, wo es um die Steinberg-Alm mit Einkehrmöglichkeiten auch lebendiger wird. Oberhalb der Skilifte besteigen wir den Schombergturm, der weite Blicke über das Sauerland gewährt. Sogar bis zum Siebengebirge, wenn ein kräftiger Regen die Luft gewaschen hat, sagt ein Vermessungstechniker am Fuße des Bauwerks. Er entpuppt sich als Nachbar aus Kindertagen und ganz so ruhig war die Wanderung zum Schluss dann doch nicht.
Franz_Michael_klein

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