Was für den Kilometerstand

Von Michael (Text) und Franz (Fotografie) – Wer am Vorabend des Heiligabends auf die Idee kommt, noch einmal WANDERN zu gehen, muss sich mit Recht fragen lassen, ob er noch alle Lichter im Kranz hat. Was ist mit Weihnachtsgeschenken, mit dem Weihnachtsbraten, mit dem Wetter? Genau das hat uns in den vergangenen Wochen zwei Touren durchkreuzt und jetzt stiefeln wir mit grimmiger Inbrunst durch einen grauen Dezembertag von Wellinghofen nach Aplerbeck.

Sicher, keine Strecke, die einen hinter dem Ofen hervorlockt; aber was antwortete der schöne, schwarze Mustang aus der TV-Serie, der jeden Tag von seinem kleinen Reiter gefragt wurde, ob er Lust auf einen Ausritt hätte? Fury hatte immer Bock.

Eine Forsythie blüht schon

Die erste Gefühlswallung nach ein paar schnellen Metern hinter dem Wellinghofer Markt: „Oh Mann, ist das warm!” meint Franz. Oh ja, immer noch. Auf der Balkonveranda unserer Nachbarin hängen (noch) blühende Million Bells, Mini-Petunien, in einem Vorgarten auf dem Höchsten treibt (schon) ein Forsythienstrauch. Der Goldflieder darf noch gar nicht blühen, weiß das Zeugs das denn nicht, erst ab März, es schert sich aber bei mildem Dezemberwetter nicht um Austriebsvorschriften. Haus Niederhofen liegt im Nieselregen, die Windsbraut braust und wir brausen mit und legen einen Zahn zu. Ausschreiten, durchatmen, das Hirnschachtel lüften. Kann ja nie schaden!

Die Natur? Worn out, abgetragen wie nach langen, erschöpfenden Berufsjahren, bis auf die beschriebenen Ausreißer, nichts, was uns am Wegesrand neugierig machte. Wir huschen durch die Spalten der Bebauung, über schmale Pfade und durch tiefes, schmieriggraues Geläuf. Auf dem Höchsten kannst Du fasst die Wolken greifen. Nein, diese Strecke ist nichts Besonderes, nichts was man guten Gewissens empfehlen oder mit Stolz herzeigen kann. Das ist nur was für den Kilometerstand.

Bloß keine neuen Vorsätze!

Franz fotografiert unterwegs die Ausstattung für eine Krippe zusammen. Pferde, Unterstand, Schafe ham wer, fehlt noch was? Neue Ziele fürs Neue Jahr, bloß keine neuen Vorsätze! Mehrtageswanderungen, mehr Kurztripps in die Alpen, so etwas.

Am Schwerter Freischütz vorbei in den Aplerbecker Wald. Freischütz? Kurze Gedenkminute. In den großen Sälen wurden einst (!) Streik- und Betriebsversammlungen von Tageszeitungsredaktionen abgehalten. Das war zu einer Zeit, als demonstrieren noch half. An diesem Tag schreitet eine Trauergemeinde gemessenen Schrittes in den Freischütz. Eine Beerdigung kurz vor den Feiertagen: auch nicht schön.

Sitzkissentest im Aplerbecker Wald

Sitzkissentest im Wald: Karten- und Ausrüstungswart Franz hat uns zwei faltbare silberfolienbeschichtete Unterlagen besorgt, eigentlich für nasse Bänke gedacht. Die Dinger halten von unten fast so schön warm wie die Hämorrhoiden-Sitzheizung im BMW meines Sauerländer Freundes. Wir bestaunen durchs lichte Gebüsch noch künstlerische Skulpturen im weitläufigen Garten eines abgeschiedenen Landsitzes. Die Dinger haben zwei Vorteile, die sie unempfindlich gegenüber Mitnahmeeffekten machen: a) sind sie rostig, b) ziemlich schwer.

Wenig später laufen wir in Aplerbeck ein und finden am Querbalken eines alten Hauses einen treffenden Wanderspruch: „Schaust vorwärts nur, nie himmelan, wirst bald den Weg verloren han”. Wir suchen noch eine Krippe für ein weihnachtliches Fotomotiv: Aber kein Stall ist offen.

Geschmeidigen Rutsch und alles Gute für 2015 wünschen
Franz_Michael_klein

 

Die Strecke wurde aufgezeichnet mit der Kompass-App:

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