Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Endlich mal ein Novembertag, wie man (die älteren unter uns) kennt: neblig, diesig, trüb. Bis Schloss Neuenhof in Lüdenscheid, unserem Startpunkt, hat sich der Grauschleier aber geliftet.
Seit einem Jahr wird das historische Barock-Wasserschloss von der jüngsten Generation derer von dem Bussche geführt, auch mit einem deutlich verjüngten Angebot (Hochzeitsgesellschaften, Hochzeitsfoto-Shooting, Trauungen im Schlossgarten, Familienfeiern, sommerliche Barbecues, etc.). Klar, so ein Riesengemäuer, dessen Füße im Wasser stehen, muss aufwendig unterhalten werden.
Blätter zittern im Luftzug
Wir schlagen uns hinter dem Schloss in den Wald und stapfen durch raschelndes Laub. Über einer Wiese, die Gräser taubetropft, wehen weiße Nebelschleier, die in den ersten Sonnenstrahlen, die es über den Hügel schaffen, leise verdampfen. Auf einer Lichtung prangt ein Espen-Ensemble, die leuchtenden Blätter zittern im Luftzug und aus den Wiesen steiget der weiße Neger Wumbaba (danke, Axel Hacke, der 2004 ein Buch den Verhörern bei Liedtexten widmete). Matthias Claudius „Abendlied“ im Sinn steigen wir auf das Plateau des Stillekings hoch.
Die Tolle und das aufragende Horn
Vor gar nicht langer Zeit wurde hier deutsche Sicherheit produziert, Panzer röhrten, wo heute ein Naturschutzgebiet mit Biotopen und Artenvielfalt existiert. Heckrinder weiden hier oben, und das Logo der Lüdenscheider Heckrinderfreunde mit dem aufragenden Horn erinnert ein wenig an die gelbe Tolle eines trotzigen Präsidenten, der seine Wahlniederlage nicht eingestehen will.
Next point. Steinpilze gibt es immer noch. Ein Beutezug am Vorsonntag in den Brachter und Saalhauser Bergen war ergiebig, trotz fortgeschrittener Jahreszeit, und auf unserer Wanderung stolpern wir immer wieder über den ein oder anderen Steini. Einige haben ihre Feinschmecker-Qualität bereits verloren, einige sind noch brauchbar.
Steinpilz liebt das saure Bodenklima
Übrigens verbreitete eine kräuterkundige Frau aus dem Elspe-Oene-Tal kürzlich die Ansicht, dass man Steinpilze am besten in Laubwäldern suche. Nach meiner Erfahrung nach kann sie da gerne weitersuchen. Denn Nadelwald dominiert das Sauerland und der Steinpilz liebt das saure Bodenklima. Doch auch der PH-Wert des Laubwald kommt dem Steinpilzwachstum sehr gelegen und aktuelle Fotos aus den sozialen Medien zeigen, dass gerade in Osteuropa der Herrenpilz in rauen Mengen in Buchen- und Eichenwäldern gefunden wird. Und wie, um meine Theorie zu widerlegen, stoßen wir auf Steinpilze unter Laubbäumen…
Yess! Ein Fichtenkreuzschnabel
Der eigentliche Star unserer Runde aber ist, tata, ein Vogel, den Franz bislang nicht vor seine Kamera bekommen hat. Ist das nicht ein…? Schnell packt er die lange Tüte, 500 mm Brennweite, aus, und ist dann sicher: „Unglaublich! Ein Fichtenkreuzschnabel.“ In Fachkreisen Loxia curvirostra genannt, eine ungefährdete Art, aber selten zu beobachten mit ihrem wulstigen, gekreuzten Schnabel.
Die Stille des Herbstes
Wieder oben auf dem Stilleking, die Ruhe eines stillen Herbsttages umgibt uns, bis auf das vereinzelte Jaulen einer Motorsäge, die die letzten Verheerungen des Borkenkäfers beseitigt, und es ist warm. Überhaupt scheint sich der Herbst temperaturtechnisch gesehen um einen Monat nach hinten verschoben zu haben. Wir haben auf dem Stilleking jedenfalls einen tollen Morgen erwischt. „Jetzt haben wir eigentlich den schönen Altweibersommer“, meint Franz, der die fein gewobenen Netze der Spinnen im Gegenlicht fotografiert. Hier und da segelt ein Blatt lautlos vom Baum.