Im Ballsaal Gottes

„O heiliger Veit von Staffelstein
beschütze deine Franken
und jag‘ die Bayern aus dem Land!
Wir wollen‘s ewig danken.“

Wer diese (inoffizielle) 7. Strophe des „Frankenlieds“ in Bad Staffelstein singt, darf sich in Oberfranken wohlgelitten fühlen. Dass Napoleon 1802 das Frankenland „als Judaslohn“ den Bayern zuschlug, hat man hier noch nicht vergessen. Urlauber können hier einen Superlativ an den nächsten reihen: „Gottesgarten am Obermain“, „genialstes Kirchenbauwerk Europas“, der „Ballsaal Gottes“ und nicht zuletzt „Weißbier-Paradies“.

Dann kamen die Kelten

Über dem Städtchen am Main liegt der Berg der Franken, der Staffelberg (539 m), eine geschichtete, geologisch interessante Steinstufe. Vor mehr als 200 Millionen Jahren drang von Nordwesten das Meer ins spätere Frankenland vor und hinterließ eine Stufenlandschaft aus weichen und härteren Schichten. Dann, in der Latènezeit, kamen die Kelten, zahlreiche Spuren ihrer Bauwerke, u.a. von Trockenmauern und Zangentoren, sind belegt.

Das Weihwasser ist gefroren

Vom Friedhof in Bad Staffelstein führt ein Weg stramm hoch zu dem Plateau, aus dem schroff die harten Riffkalkfelsen ins Land kragen. Man hätte an diesem Tag eine wunderbare Aussicht, wenn es nicht diesig und nieselig wäre. In der Adelgundiskapelle ist sogar das Weihwasser noch gefroren. „Danke, dass sich alles fügt, lieber Gott“, schrieb eine Besucherin in das Gästebuch. Ein Satz, den ich unterschreiben kann. Man kommt auch als Alleiner gut klar (obwohl ich lieber mit meinen Wanderkumpeln Franz und Martin gehe). Ich lasse die Doppelsinnigkeit meiner Äußerung auf dem Staffelberg stehen und mache mich auf den Weg nach Vierzehnheiligen. Der Abstieg auf das fast ebene Plateau ist schmierig und rutschig, der folgende, bequeme Weg führt an zahlreichen, mit Steinen durchsetzten Äckern vorbei.

Innen Rokoko-Verspieltheit

Dann Vierzehnheiligen: Was für eine spätbarocke Pracht! Die nach Entwürfen des Würzburger Baumeisters Balthasar Neumann gestaltete Basilika schwelgt innen in unvorstellbarer Rokoko-Herrlichkeit mit Ornamenten, Stuckaturen, Heiligenfiguren, Altären, Gemälden, Fresken, Säulen und Rotunden und wird gerne als Ballsaal Gottes bezeichnet. Wobei mal sicher ist, dass Jesus dieser Begriff zuwider gewesen wäre wie auch die Devotionalienhändlerbuden vor der Wallfahrtskirche.

„Wir sind die 14 Nothelfer”

Zentraler Punkt der Basilika ist der sogenannte Erscheinungsort, über dem der Gnadenaltar errichtet worden ist. Dem Schäfer Hermann Leicht erschien anno 1445 ein Kindlein, bei der dritten Wiederkehr trug es ein rotes Kreuz auf der Brust und war von 14 Kindern umringt. „Wir sind die 14 Nothelfer und wollen eine Kapelle haben, und wollen auch gnädiglich hier rasten“, soll das Kind dem Schäfer gesagt haben. War dem Klerus natürlich Befehl und so besuchen heute jährlich eine halbe Million Menschen die Basilika Vierzehnheiligen.

Im Weißbier-Paradies

Praktisch für unsereinen, dass ein kleines Weißbier-Paradies gleich nebenan liegt. In der Klosterbrauerei wird Nothelfertrunk ausgeschenkt. Eine Bio-Weiße, dann ein Schwarzes und dazu ein Paar Weißwürste mit Laugenbrezel. Passt! Unter Absingen unzüchtiger Lieder trollen wir (mittlerweile zu zweit) uns und singen:

„Wir wollen freie Franken sein
und nicht der Bayern Knechte.
O heil‘ger Veit von Staffelstein,
wir fordern uns‘re Rechte ein!“

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