Schlendern auf dem Wasser

Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Wer hätte je gedacht, dass es mit den Schlenderern einmal so enden würde? Gerade 12 km auf dem Tacho und schon – pffft – ist die Luft raus. An einem schwülen Sommertag kann man sich schließlich etwas anderes vorstellen als Wandern, vor allem am Sorpesee.

„Langscheid begrüßt seine Gäste“ prangt auf einem Banner im Ort. Langscheid kassiert vor allen anderen Dingen erst einmal Parkgebühr. Punktabzug schon in der Pflicht. Die lange Promenade, die zig Parkplätze – keine gebührenfreie Stelle nirgends. Der Kämmerer klopft sich vor Lachen auf die Schenkel, da sind wir uns sicher. Das mediterrane Flair wird von Besuchern zwangsweise gut honoriert. „Ort der offenen Hand“ sollte Langscheid besser heißen.

Krieger-Ehrenmal umfunktioniert

Aber wir wollen ja wandern und nehmen Kurs auf die Oberstadt respektive den Ober-Ort. Dort haben die Langscheider ein altes Krieger-Ehrenmal, das im 2. Weltkrieg als Flak-Station diente, in einen Aussichtsturm umfunktioniert. Ach, wenn die Konversion von Panzern und Atomwaffen in zivile, den Menschen nützliche Produkte, auch so einfach vonstatten ging. Der Blick auf den Ort und den See zu Füßen hat schon was, und, oh Wunder, niemand verlangt Eintritt. Drei rüstige Senioren putzen rund um den Turm. „Machen wir alle 14 Tage ehrenamtlich“, sagt einer, und Mittag gibt‘s als Belohnung ein Bier.

So viele Teenies in der Natur

An der Krähenbrinke-Hütte der Naturfreunde gönnen wir uns den ersten Schluck, denn es ist schwülwarm. Die Apfelschorle quillt an den Unterarmen umgehend wieder aus. Eine Gruppe Teenager schwatzt sich uns entgegen. So viele junge Leute in der Natur, machen die das wirklich freiwillig? Überlebenstraining einer Unterprima? Aus dem Hotel Mama ausgewiesen?

Erst/nur ein Pfad!

Unsere Strecke könnte man in weiten Teilen bequem mit einem Pkw abfahren, was uns ein Autofahrer mit ortsfremdem Kennzeichen auch gleich beweist. Erst ein/nur Pfad! In Langscheid ist eben alles aufs Wasser ausgerichtet. „Das ist nicht die Güte der Wege auf unseren vorherigen Touren“, bemerkt Franz. Stimmt. Breite Straßen, aber durch den Schattenwurf der Bäume ist es fast lauschig. Im Kernschatten des Waldes ist es kühler, eine Brise fährt ins verschwitzte Resthaupthaar.

Es gibt den Weg nicht mehr

Auftritt Franz: „Hier müsste der Weg weiterführen.“ Dickicht. Mannshohes Gestrüpp. Dass die Wanderkarte aus einer Zeit stammt, als es die DDR noch gab, ist sicherlich nicht weiter erwähnenswert;-) Steile These: Vermutlich ist Franz bei der Tourenplanung in ein um 20 bis 30 Jahre zeitversetztes Paralleluniversum gerutscht. Seinerzeit gab es den Pfad noch. Er ist aber, um der Wahrheit die Ehre zu geben, sogar auf den topaktuellen Karten des Wanderspezialistenportals „outdooractive“ verzeichnet. Nur eben, dass es ihn nicht mehr gibt.

Noch n interruptus

Am Amecker Damm entschließen wir uns aus heiterem Himmel zu einem Koitus interruptus. Für die Jüngeren unter euch: Das ist, äh, die jähe Unterbrechung einer lustvollen Tätigkeit. Wir lümmeln 30 Minuten am Anleger herum, dösen auf einer Bank im Schatten, blinzeln ab und zu auf den grünen Dschungel am anderen Ufer und auf das Wasser. Geht auch.

Dann stößt die MS Sorpesee ihren flachen Bug an Land. Wenig später gleiten, nein schweben wir übers Wasser. Schlendern mit dem Bötchen, warum nicht! Ein guter Freund hat schließlich mal den Begriff des „Autowanderns“ erfunden. Der Sorpesee ist ein grüner Diamant, gesäumt von bewaldeten Buchten. Hier musst Du dich nicht in die kanadische Wildnis träumen. Der Käpt’n der MS Sorpesee stoppt unsere Kontemplation vor dem Anleger in Langscheid mit einem markdurchdringenen Signal aus dem Nebelhorn. Noch n interruptus.

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