So schön war die SoFi…

Von Michael (Text) und Franz (Fotografie) – …am Freitag bei dichtem Hochnebel auf der Halde Hoheward im Städtedreieck Herne, Herten und Recklinghausen nicht. Als Portal für Fotodatenvorratsspeicherung hat Franz natürlich bei guter Sicht schon mal simuliert*, was wäre, wenn Sonnenfinsternis wäre und man sähe NICHTS.

Gut, das bringt eine Verdunkelung unseres Zentralgestirns nun mal mit sich, dass man nichts sieht. Aus eben diesem Grund haben sich an diesem Morgen mehrere Hundert Menschen im Landschaftspark Halde Hoheward eingefunden, um am Horizontobservatorium oder von der Sonnenuhr aus das seltene Schauspiel zu verfolgen. „Mit einem derartigen Andrang haben wir nicht gerechnet”, sagt Linda Feige vom Besucherzentrum des Landschaftsparks Hoheward. 140 gebuchte Führungen, verteilt auf sechs Regio-Guides – „innerhalb von drei Stunden waren wir ausgebucht.”

„Wir werden die Finsternis aber spüren”

Immer mehr Gestalten materialisieren aus dem Dunst, je näher der Zeitpunkt der Bedeckung ab 9.30 Uhr rückt. Je höher man auf die Halde steigt, desto dichter wird der Nebel mit Sichtweiten unter 50, 60 Metern. Selbst die Atemfetzen der Menschen scheinen den Dunst zu verdichten. Vom Horizontobservatorium lassen sich nicht mal die mächtigen Bögen vollständig beobachten, so dicht ist die Suppe. SoFi unter diesen Bedingungen? – Genauso gut kannst Du eine Sightseeing-Tour in London mit der U-Bahn machen. Das Oberservatorium selbst ist abgezäunt. Gesperrt, weil es gleich ein Jahr nach seiner Eröffnung 2008 nicht mehr standsicher ist. Ein Riss wurde entdeckt an dem Punkt, wo sich beide Bögen treffen.

Zig Fotografen mit dicken Tüten

Der Zeitpunkt, an dem sich die dunkle Neumondscheibe vor die Sonne schiebt, rückt immer näher, der Nebel wird indes immer zäher. „Wir werden heute nicht viel von der Sonnenfinsternis sehen”, sagt Reiner Gerding, einer der sechs Halden-Guides zu einer Schulklasse, „aber wir werden sie merken.” Die Schutzbrillen sammelt er schon mal wieder ein. Außerdem, so fügt er hinzu, gebe es kommendes Jahr wieder eine kleine partielle SoFi. Sollte der Himmel aufreißen, könne man bis 11.30 Uhr noch etwas von der Finsternis sehen. „Sonst schauen wir sie uns später im Fernsehen an.” (Oder bei uns, der Adresse für garantierte Verfinsterungen.)

An der Sonnenuhr gibt es ein großes Hallo, wir treffen auf alte Zeitungskollegen. Rotti, Ina, Hubert und Bernd sind da, außerdem weitere zig Fotografen mit dicken Tüten und professionellem Gezähe. Überall ragen armlange, mit Goldfolien bewehrte Teleobjektive in einen verhangenen Himmel, der sich partout nicht öffnen will. Mangels erhofftem Motiv lichten sich die Fotografen untereinander beim Fotografieren ab.

Die Vögel verstummen, es wird kälter

Die astronomiekundigen Guides haben alle Hände voll zu tun, den zahlreichen Schülern die komplizierte Himmelsmechanik beizubiegen und ihnen zu erklären was man sähe, gesetzt den Fall, man sähe was, was in etwa so wirkungsvoll ist wie einem blinden Menschen die Farbe Rot zu schildern. Doch eine Sonnenfinsternis kann selbst ein Blinder nachvollziehen. Bis 10.40 Uhr, dem Zeitpunkt der größten Bedeckung der Sonnenscheibe, ist die Luft noch kühler geworden. „Ja, eine Sonnenfinsternis spürt man auch. Es wird ein wenig kälter”, bestätigt Reiner Gerding, „und heute man hat den Eindruck, der Nebel ist noch etwas dichter geworden.“ Zudem sind die Vögel verstummt und wer sich oben aus dem Trubel an den stillen Rand der Halde begibt, kann eine eigenartige, unwirkliche Stimmung spüren.

„Im Pott wird’s dunkel – oder auch nicht”

Und ja, der Nebel ist wirklich nebeliger geworden (ein Phänomen wie geschaffen für Professor Nachtigaller (Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär), der es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, Schwarz noch schwärzer zu machen). Die Schülerinnen und Schüler haben trotzdem ihren Spaß und machen sich einen Jux daraus, mit Brillen für Franz „Rudel-SoFi-Gucken” zu fingieren. Die älteren Besucher erinnern sich wehmütig an die totale Finsternis am 11. August 1999. Für mehr als zwei Minuten wurde es damals in der Totalitätszone, einem gut 100 Kilometer breiten Streifen über Deutschland und Österreich, völlig finster. Durch die Schutzbrillen beobachteten Millionen Menschen, wie der letzte Rest der leuchtenden Sonnenoberfläche hinter der Mondscheibe verschwand und nur noch die Korona als schimmernder Diamantring, als leuchtender Strahlenkranz zu sehen war. „Ach“, seufzt eine ältere Dame, „genau das wollte ich hier auf der Halde Hoheward noch einmal sehen.” Dass es nichts werden könnte mit der Finsternis, haben die Schnitzeljäger geahnt, die an diesem Freitag am Obelisken ein Cache versteckt haben. Schätzungsweise 40 Geocacher sind den Koordinaten Nord 51 34′ 0“ und Ost 7 10′ 2,05“ sowie dem Motto gefolgt: „Im Pott wird’s dunkel – oder auch nicht”. Und so kam es auch: NoFi statt SoFi.

* Selbst wenn Griechenlands Finanzminister Varoufakis nun behaupten würde, unsere SoFi-Aufnahme sei sowas von stinkefingermäßig „gefaked”: Sie ist es nicht – nur etliche Wochen vorher aufgenommen.

Franz_Michael_klein

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