Wieder im Paradies

Von Michael – Aufmacherbild: Constanze Tillmann – Wieder im Paradies, wenn auch nur für kurze Zeit. Aber das Glück auf der Weltmesse ProWein in Düsseldorf zählt vierfach, wenn Du mit deinen drei Brüdern gemeinsam im Garten Eden aufschlägst.

Plan? Ist bei einer Messe mit mehr als 6700 Ausstellern aus 60 Nationen sinnlos, aber großer Spaß und Neuentdeckungen sind auf der ProWein garantiert.

Franken-Silvaner in der Schulterflasche

Die Brennflecks aus Sulzfeld am Main sind seit unserer Entdeckung auf der letzten ProWein Pflicht. „Wir sind ein Silvaner-Weingut und sind bei der Rebe auf das Mineralische aus“, sagt Conny Ludwig. Neu in der Kollektion ist ein Silvaner in der Bordeaux-Flasche, ein leichter Wein für Bankette, mit Aromen grüner Äpfel* in der Nase und leicht moussierend. Der Iphöfer Kronsberg 2017 vom Gips-Keuper duftet dezent nach gelben Früchten. Tipp! Die Selektion (Faßprobe) aus der gleichen Lage ist deutlich komplexer und nachhaltiger im Abgang. Der Sulzfelder Sonnenberg von 48 Jahre alten Reben, leichter Veilchenton, schwingt elegant im Mund, der Blaue Silvaner vom gleichen Hang hat Kraft, ist mineralisch, saftig, süffig.

Joo. Fühlung aufgenommen. Läuft.

Bei Bernhard Huber aus Malterdingen im Breisgau steht nach dem Tod des Vaters im Jahr 2014 dessen Sohn Julian am Ruder und setzt unserer bescheidenen Meinung nach beim Spätburgunder auf eine kantigere Stilistik. Faßprobe vom 2016er Malterdinger: pfeffrige Nase, kräftig am Gaumen, Kirscharomen, noch recht frisch; die Probe von den Alten Reben ist eine Spur weicher, mehr Extrakt puffert die Säure besser. Man darf gespannt sein auf ihre Entwicklung. Dann greift Marcel Ehret unter den Tisch: Bückware. Der 2010er Schlossberg GG, noch von Bernhard Huber gekeltert, changiert im Glas ins orangefarbene, feines Tannin kleidet den Mund aus, ein Traum von Weichheit und Harmonie.

„Im Keller laufen lassen”

Konrad Salwey hat die opulente Kollektion seines Vaters Wolf (†) rigoros zusammengestrichen. „Von mehr als 100 Weinen sind 17 übriggeblieben“, sagt er, „aber zu probieren gibt es immer noch genug.“ Gearbeitet wird so natürlich wie möglich. „Wir kommen wieder dahin zurück, wie man vor 100 Jahren geschafft hat.“ Heißt: Viel Vorarbeit im Weinberg, Spontanvergärung statt Reinzuchthefen, im Keller laufen lassen. Alle Weine nehmen sich ihre Zeit im Glas, um sich zu entfalten. 2016 Oberrotweil Weißburgunder RS: extraktreich, Birne, ein Maul von Frucht; Grauburgunder RS: gelbe Früchte, Mineralik, cremig, Gerbstoff tendiert ins Süßliche. 2015 Henkenberg Weißburgunder GG: zwei Jahre großes Holzfass, cremig, Ananasnote, fülliger Körper; 2015 Henkenberg Grauburgunder GG: intensives Birnenaroma, kleidet den Gaumen nachhaltig aus.

Kampf-Trinken

Auf Spontanvergärung („Sie holt mehr Aromen raus“) setzen auch Hanspeter und Patrick Kampf aus Flonheim, helfen aber nach, wenn sie im Fass steckenbleibt. Dann bekommen die Weine Zeit, sich zu entwickeln. Zwar treten die Primäraromen zurück, aber die Kampfs setzen auf das Motto „Frucht ist Schein, Stein ist Sein“. Um Flonheim wachsen die Reben auf vulkanischem Gestein und Sandstein sowie auf Muschelkalk. Elegant, ausbalanciert, trocken-mineralisch ist der 2016 Flonheim La-Roche-Riesling. Sein Vorgänger aus dem Super-Jahr 2015 bringt viel Extrakt ins Glas mit leichtem Reifeton und gelbfruchtigen Aromen.

Zweigelt + macération carbonique

Auf ein österreichisches Experiment stoßen wir beim Weingut Taferner aus Göttlesbrunn. Tochter Karolina, eine junge Weinmacherin mit internationaler Erfahrung (u.a. Tasmanien), lässt dem Zweigelt eine Kohlensäuremaischung angedeihen. Die Trauben werden samt Rappen barfuß gestampft, es folgt die macération carbonique, die Weintrinker vom Beaujolais primeur kennen. Sehr helle Farbe, durch Barrique tanningeprägt, fruchtig. Gelber Muskateller: Kräuteraromen, aromatisch und leicht; Zweigelt Klassik: pfeffrige Nase, schöne Kirschfrucht, würzig; Zweigelt Rubin Carnuntum: 12 Monate in gebrauchten Barriques, dunkles Rot, warm und kirschfruchtig; Zweigelt Bärnreiser: 18 Monate Lagerung in neuen Fässern, dunkle Beerenfrüchte, mit 14,5 Prozent Alkohol wuchtig, aber elegant. Merlot Heidacker: Würze, Weichheit, Amarena-Frucht mit Marzipannoten.

„Kräftig, der Kamerad”

Sehr gut gefielen die Zweigelts von Robert Payr aus dem Carnuntum. Der Basiswein Carnuntum 2016 hat schon Länge, Würze und schöne Kirschfrucht, die sich bei der Selektion Rubin Carnuntum nochmals verdichtet. Die Einzellage Ried Steinäcker zeigt sich nach 24 Monaten im Fass (50% neu) noch kerniger. „Kräftig, der Kamerad“ bescheinigt Bruder „Eule“. Welches Potenzial die Rebsorte hat, demonstriert Robert Payr mit einer 10 Jahre alten Flasche Ried Steinäcker: Cassis-Anklänge, intensive Schwarzkirschfrucht, stoffig, mineralischer Nachhall.

Aufregend: Elena Walchs 20/26

Große Überraschung (für uns) bei Elena Walch: Die große Dame des Südtiroler Weins erklärt uns persönlich das Geheimnis ihres Superrosés 20/26. „Rosé ist ein Wein, der oft nebenbei gemacht wird. Ich wollte einen Wein, der Fülligkeit und Leichtigkeit besitzt“, sagt Elena Walch. Der Saft der Trauben der Rebsorten Lagrein/Merlot/Blauburgunder verbleibt kurze Zeit auf den Schalen, dadurch wird mehr Farbstoff und Extrakt entzogen. Das Ergebnis: „Ein Rosé mit Komplexität und Seele“, sagt Elena Walch. Rote Beeren, Kirsche, aufregend: Punkt! Wir freuen uns über die unvoreingenommene Aufnahme von uns Laien bei den Walchs und probieren uns mit Vertriebsprofi Heinrich Bergmann ein wenig durchs Sortiment. Blauburgunder Ludwig 2015: von 30 Jahre alten Klonen, 13 Monate im Barrique, holzunterlegt, Pflaumennoten, weich und rund; Beyond the clouds 2017: blumig-fruchtiges Aromenspiel, würzige Tiefe. „Die Trauben von Chardonnay, Gewürztraminer und Sauvignon werden zusammen vermaischt und nach einem Tag Standzeit wird der Most abgezogen“, erläutert Heinrich Bergmann. Höhepunkt des Rotweintages: die Cuvée Kermesse 2014. Cabernet-Sauvignon und Petit Verdot geben „Kraft und Schulter, der Merlot rundet ab“, sagt Bergmann, „man kann nach einem Schluck bis 10 zählen und spürt immer noch den Geschmack.“ Dunkel-violett, reife Beerennoten, vielschichtig, langer Nachhall.

Danach geht nur noch Edelbrand von Etter. Bei der Vieille Prune haben die Destillateure von Etter das außerordentliche Aroma der kleine Löhrpflaume hochverdichtet in die Flasche gebracht: amberfarbenes, flüssiges Marzipan.
* Geschacksbeschreibungen wie immer ohne Gewähr

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