Nicht fichtig genug

Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – Drei Männer auf dem Pfälzer Waldpfad (143 km), davon handelt diese Geschichte, mit großen Rucksäcken gerüstet für mehrere Etappen*, aber einer von ihnen trägt etwas schwerer. In seinem Kopf geistert das Sauerland – als Referenzwandergebiet sozusagen – unruhig meuternd herum. Der Schmitz wird doch wohl nicht abtrünnig werden…?

Unser Startpunkt ist prominent und auch einigen Nichtwanderern ein Begriff: das Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern. Und man kann es kaum glauben: Nach nur wenigen Minuten hat man den „Betze” der roten Teufel hinter sich gelassen und schreitet auf moosiggrünen Pfaden durch dichten Laub-Mischwald. Links und rechts, hinter und über dir nichts als grüne Laubwände, kaum Nadelbäume. „Michael fremdelt mit dem Waldpfad, ist ihm wohl nicht fichtig genug”, lästert Franz. Lieber Fichten-Monokultur als gar keine am Wegesrands. Die oft anzutreffende Weymouthkiefer ist nur ein schwacher Ersatz.

 Alles so schön bunt hier!

Den ersten und langen einzigen Weitblick gestattet der Humberg-Turm, ein Relikt aus der Blüte der Kaiser-Wilhelm-Zeit, der seinen roten Sandstein genau 34,77 Meter hoch aus dem Blättermeer reckt. Alles so schön herbstbunt hier, und der Boden so ockerfarbenrot!

„Das kommt vom Eisenoxid im Boden”, erklärt Martin, unser Wandergeologe. Wir erfreuen uns immer wieder an den kleinen Extrawegen, die abseits der Forststraßen gelegt wurden und wundern uns gleichzeitig: Für ein Wanderparadies ist auf dem Pfälzer Waldpfad so gut wie gar nichts los. Ach ja, Adam und Eva waren im Paradies ja auch alleine.

Ajo, sie babbeln pälzisch

Am Abend des ersten Wandertages im Naturfreundehaus Finsterbrunnertal: irritierender Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung, der unserer Fernwanderung so etwas wie einen Expeditions-Charakter verleiht. Ajo, die Pälzer babbeln pälzisch, kei hochdeitsch. Nadierlich ferstehn mir uns trotzdäm. Beim Bier Skatklopfen nach 35-jähriger Abstinenz, Martin gewinnt (wer sonst?).

Am nächsten Morgen erwartet uns eine Etappe von 28 Kilometern, also früh weg ins Hammertal mit Relikten frühindustrieller Eisenverarbeitung, dann ins wilde Karlstal, dem Lauf der Moosalbe quellwärts folgend. Romantisch, wie es die Touristiker versprechen? Eher mystisch, eine dunkelgrüne, geheimnisumwitterte Schlucht mit mächtigen Felsbrocken, um die sich der Bach Moosalbe herumschlängelt. Nebelschwaden wabern uns entgegen, immer wieder passieren wir kleine Brücken – wurde Peter Maffay hier zu seinem bekannten Lied inspiriert? Eine wunderschöne Passage, das, und eine Landschaft wie aus dem Ouevre Caspar David Friedrichs.

Der Waldpfad, eine Schlammwüste

Hinter dem Karlstal treffen wir auf den natürlichen Feind des Wandersmannes, den Forstarbeiter. Mehrere von ihnen wullacken einen ganzen Wald nieder, vergeblich suchen wir nach einer Umleitung, es hilft nichts, wir müssen sie passieren. Die Waldarbeiter gestikulieren und babbeln pälzerisch, was wir aus Verständigungsgründen nur erraten können. Ja, wir haben die Absperrung des Waldpfades gesehen, aber wir müssen ja auch weiterkommen. Späte Rache der Trolle: Sie haben den Waldpfad auf mehr als einem Kilometer in eine Schlammwüste verwandelt.

In dem kleinen Örtchen Johanniskreuz, bei schönem Wetter Treff von Bikern, laufen wir blauäugig in eine Touristen-Nepp-Falle. Für eine dünne, heiße Plörre cappuccino-ähnlicher Machart mit kaltem Sahneschaum aus der Sprühdose 5,50 Euro zu verlangen grenzt an Wegelagerei. Wanderer, kommst Du nach Johanniskreuz, schau vor der Bestellung in der Karte nach den aufgerufenen Preisen, bevor Du dich abkochen lässt! Oder Du gehst direkt ins Haus der Nachhaltigkeit und zapfst dir an der Jura-Maschine (is doch eine, oder?) preis-werten Kaffee.

Kleines Glück: eine Krause Glucke

Ein heftiger Landschauer senkt die Stimmung nur unmerklich, aber es klart auf und für leichten Niesel ziehen wir keine Regenhose an. Unsere gute Laune finden wir am Wegesrand wieder: Krause Glucke (meine erste, die ich in echt sehe, Martin hat sie entdeckt), riesige Riesenschirmlinge, Steinpilze und dergleichen mehr.

Am Abend matt und müde, Steaks und mitgebrachte Steinis, die unsere Heltersberger Gastwirtin brät, sowie zwei Erkenntnisse: Martin gewinnt immer (Skat), der Pfälzer perzt trotz Rauchverbots: Im Hinterzimmer schwelt eine Luft, aus der man handliche Stücke Nikotin herausschneiden könnte.

Fortsetzung folgt, stay tuned!

Franz_Michael_klein

* Die Etappen, als gpx-Dateien zu finden auf dem Internetportal Wandermenü Pfalz:  Kaiserslautern – Finsterbrunnertal (18 km); Finsterbrunnertal – Johanniskreuz (12 km) – Heltersberg (14 km).

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