Ein Vorgeschmack auf den Herbst

Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Vom Parkplatz gleich in den Pfad: Besser kann man sich einen Einstieg in eine Wanderung nicht wünschen. Aber kalt ist es hier in Dortmund-Niederhofen mit 12-14 Grad und nass, ein Vorgeschmack auf den Herbst.
Doch das satte Grün der Buchen, Eichen und Kiefern entschuldigt ein wenig für diesen nebelfeuchten, diesigen Tag. Wenn es 35 Grad wärmer wäre und Lianen an den Bäumen herunterhingen, man könnte meinen, Du wärst im Regenwald.

Die Pilze kommen!

Die feuchte Witterung dient zu unserer Erbauung zum Pilzaustrieb. Perlpilze stehen im Sauerland gut, Martin hat bereits Hallimasch gepflückt, ein Bekannter berichtete von unerwarteten Spitzmorchelfunden. Um Morcheln im Sauerland zu entdecken, brauchst Du die Geduld eines Fischreihers bei der Jagd. Eine Stunde auf der Stelle stehen, dann siehst Du sie plötzlich im Mulch stehen, meinte der Morchel-Experte.
Am Waldrand erhaschen wir einen Blick auf die Stadt. Hinter einem Meer aus Weizen/Triticale ragen die Dortmunder Landmarken auf: Hoeschgasometer und, noch höher, der Florian. Über die belebte Wittbräucke, dann waten wir durch kniehohes, taufeuchtes Gras. Nass auch von unten, ist mal was anderes. Nachdem wir die A45 unterqueren und ins Wannebachtal Richtung Syburg wandern, siehst Du die Stadt nicht mehr, Du hörst sie nur noch. Alte Häuser, schöne neue Häuser mitten im Grünen, eine Idylle, um eine Floskel zu bemühen.

Das Böse lauert auch in Syburg

Aber Achtung, denn das Böse lauert immer und überall! 1995 ereignete sich in Syburg ein spektakulärer Doppelmord. Der heute immer noch gesuchte Schwerverbrecher Norman Franz tötete zwei polnische Zigarettenschmuggler, in dem er eine Handgranate in ihr Auto warf. Franz wurde mehrfach gefasst und entkam, ebenso mehrfach, aus den Gefängnissen.

Papst Petrus mit seiner Frau

In Syburg wird es historisch. Dort steht mit der St.-Peter-Kirche die älteste Kirche Westfalens, umringt von alten, behauenen Grabsteinen aus Sandstein, und im Besitz einer Bronzeplastik namens Papst Petrus I. mit seiner Frau. Ist angeblich sogar in der Bibel belegt, das mit der Frau. Heute sorgen andere Sachen der Kirche für Aufregungen, und eine davon geht auf ein simples Altarbild zurück. In der St.-Clemens-Kirche in Drolshagen hängt seit Pfingsten ein neues, zeitgenössisches Altarbild. Und zeigt die Mutter Gottes in Rolli und Jeans auf der Leiter, wie sie ihrem Mann einen Gürtel reicht. Maria in Jeans! Mann! Dann interessieren sich plötzlich wieder Leute für die Kirche, die sie seit langem nicht mehr von innen gesehen haben, u.a. die bundesdeutschen Feuilletonistinnen und -nisten.

Nie wieder Faschismus!

Wir streifen Geschichte: das Casino Hohensyburg, wo einst Thomas Bühner große Küchenoper inszenierte (heute steuern Leute in Trainingshosen mit einer 30-Meter-Schleppe Nuttendiesel den Eingang an), die Denkmäler von Kaiser Wilhelm und Bismarck, und steigen in die Ruhrsteilhänge runter zum Hengsteysee und an der anderen Seite wieder auf. In der Bittermark wird es bitter ernst mit der Historie. Dort steht ein Denkmal für 300 von den Nazis ermordeten Zwangsarbeiter. Kurz vor Kriegsende erschoss die Gestapo Männer und Frauen, Häftlinge, Zwangsarbeiter, Jüdinnen und Juden, Kommunisten, Sozialisten, Gewerkschafter, Widerständler. Das von dem Hagener Künstler Karel Niestrath und dem Architekten Will Schwarz erschaffene Mahnmal ist in Beton gegossener Faschismus, in Stein erstarrtes Grauen. Und als geschichtsbewusste Wanderer sagen wir: Nie wieder!

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