Komm nach früher…

Hat man auch nicht alle Tage, dass im Sauerland ein Museum eröffnet: Bei feinstem Wetter, Häppchen, Kuchen und Musik hat das Museum Lennestadt nach vier Jahren Umbauzeit seine Türen für das Publikum wieder aufgemacht (26. Mai).
„Komm nach früher“ lautet das Motto, und wer sich in das adrett renovierte Gebäude begibt, stürzt in die Vergangenheit, viele der Besucher an diesem Tag vermutlich auch in ihre eigene. Wie ich in den Jahren der bleiernen Zeit vor diesem Gebäude mal in einem Autokofferraum durch eine Terroristenkontrolle mit MP-bewaffneten Polizisten kam, erzähle ich hier besser nicht. Ist auch nicht das Thema. Der Museumsleiterin Antonia Krihl und der Geschichtsmanufaktur Dortmund, die die Ausstellung kuratiert haben, schon mal vorab ein dickes Lob: Das hier ist richtig toll geworden!

Das Kreuz darf im Schulzimmer nicht fehlen

Ein Flashback trifft dich im historischen Schulzimmer. An so einer abgewetzten Schulbank hast Du in der Volksschule gesessen, und die Landkarte für die Heimatkunde hast Du mit deinem besten Schulfreund aus dem Kartenzimmer geholt, an der Wand hängt das obligatorische Kreuz. Eine Besucherin ruft: „Die lateinische Ausgangsschrift, die haben wir in der Schule gelernt.“ Man musste dafür üben, häute darf mahn schraiben, wi mahn spricht, das nur nebenbei.
Ein alter Webstuhl in der Wollwerkstatt, angeblich gebaut aus Kirchenbalken, ist im Erdgeschoss zu sehen und wird an diesem Tag bedient.

Eine Quickly und Folk in den Bergen

Im nächsten Geschoss steht eine alte NSU-Quickly, dahinter eine Adler-Nähmaschine mit stählernem Arm. An die dunkle Vergangenheit der Nazizeit erinnern Ausstellungsstücke, unter anderem aus Elspe. Das Haus der jüdischen Geschwister Neheimer, das ein Foto zeigt, gibt es nicht mehr. Vor dem heutigen (Park)Platz erinnern Stolpersteine an das Schicksal der Familie.
Alte, kleine Poster erinnern an die Karl-May-Festspiele in Elspe und an das in Lennestadt legendäre Festival „Folk in den Bergen“ und einer der älteren Herren meint: „Davon habe ich noch ein Originalplakat.“ Isso, dass einige Besucher so alt sind wie die schier unzähligen Exponate.

Schwertbeschlag aus der Karolingerzeit

Wie behält man da den Überblick, Frau Krihl, es sind doch so überwältigend viele? „Es erstaunt mich, dass Sie das sagen“, entgegnet sie, „einige meinen, die Ausstellung sei zu minimalistisch. Wir wollen die Besucher aber nicht überfrachten und zeigen im Museum nur einen kleinen Teil der Exponate.“ Ein paar uralte Fundstücke hat der Elsper Heimatforscher Wolfgang Poguntke beigesteuert, die er an der Elsper Wallburg und am Oedinger Berg ausgegraben hat. Darunter „ein Schwertbeschlag aus der karolingischen Zeit“, sagt er.

Museum ist komplett barierrefrei

Kommen wir nun zum Eingemachten: Was kostet die Schose? „Rund zwei Millionen Euro“, sagt Martin Steinberg, Öffentlichkeitsbeauftragter der Stadt Lennestadt. Gegen einige Widerstände wurde der Bau entkernt, ein Aufzug angeflanscht und hinter dem Museum eine Außenanlage gestaltet. „Das Museum sowie auch die WC-Anlagen ist vom Keller bis zum Dachgeschoss komplett barrierefrei“, sagt er.
Ein kleines Kompendium begleitet den Besucher durch die Dauerausstellung. „Einheit in Vielfalt. 43/1“ nennt es sich und erinnert an die 43 Ortschaften, aus denen die Lennestadt besteht. Es gibt Orientierung und leitet die Besucher sicher durch die Geschichte der Stadt. Heimatkunde im besten Sinne. Geht hin, Leute.
Öffnungszeiten: Di 8-13 Uhr und 14-16 Uhr, Do 9-13 Uhr und 14-18 Uhr, 1. So im Monat 14-17 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet. Tel. 02723-608401,

 

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