Zur Mauslochalm

Von Dorothe (Fotos) und Michael (Text) – Neun Kilometer sind für eine Wanderung noch kein Wort. Aber wenn knapp 800 Höhenmeter und felsige Steige dazwischenliegen, haben wir es schon mit einer amtlichen Anstrengung zu tun. Ach ja, drei Almen liegen auch noch am Weg, wobei uns an diesem Tag auf Wunsch einer einzelnen jungen Dame mit Gebäckinteressen aber nur die hintere interessiert. Angebissen? Wir wollen von Aschbach im Vinschgau zur Mauslochalm und das Ganze ist verortet in Südtirol knapp acht Kilometer hinter Meran. Wir beginnen in Rabland, hinter der Etsch, an der Talstation der „Eule”. So nennt sich die modernisierte Seilbahn, die uns rund 850 Meter hoch in das Örtleinchen (man bemerke die doppelte Verniedlichung) Aschbach trägt. Hier beginnen viele Wanderungen und Biketouren zum Vigiljoch oder zur Naturnser Alm unter dem Rauhen Bühel (2027 m), die als erste auf unserem Weg liegt. Mathematisch gesehen heißt die Formel Alm minus Aschbach gleich knapp 570 Höhenmeter, zu denen sich im Verlauf der Strecke noch einige hinzugesellen werden.

Im Steig muss man auch mal die Goschen halten können

Schnell sind wir im Steig, setzten Fuß vor Fuß und suchen noch nach dem Rhythmus. Wenn das Herz im Hals schlägt, muss man die Schrittlänge verkürzen, bis der Atem gleichmäßig stampft. Wurzel, Äste, nasse Steine, aufgeweichte Stellen fordern Konzentration und Koordination von Kopf und Fuß und wir verstummen, weil: Im Steig muss man auch mal die Goschen halten können. Der Kopf wird frei und mit ihm das Denken, als ob eine Zange es umschlossen hätte. Rechter Hand, an der gegenüberliegenden Seite des Vinschgaus, öffnet sich – bei Lücken im Forst – ein mächtiges Bergpanorama. Tschigat, Lazinser Rötelspitze, der flammende Lodner, Zielspitze, Vermoispitze, dahinter lecken die schneebedeckten Spitzen der Ötztaler Alpen. Genau dafür lieben wir das Wandern.

„Das Wätter isch a Kataschtroph”

Ein gutes Stück vor der Naturnser Alm werden wir umgeleitet. Forstarbeiten mit schwerem Gerät, ein gelb ausgewiesene Route führt uns um die gefährlichen Tätigkeiten herum. Schon ein Service, so eine Umleitung mitten im Tann. In jedem deutschen Wald, da wette ich mit euch, hätte man uns dumm guckend vor Verbotsschild und gesperrtem Weg stehen lassen. Aber der Steig ist auch ein Almenweg, und hinter den Almen stecken auch Erwerbsinteressen von ganzen Familien, die wir natürlich ausdrücklich begrüßen. Das erste kalte Weißbier nach einem Gipfelgang in einer bergigen Einöde, wo man nicht mit solchem Luxus rechnet, das hat schon was.

Aromatischer Kastanienstrudel und Weißbier

Almwirtinnen wie Irmgard Witt brauchen die Urlauber. An der Mauslochalm ist – wie auch zuvor an der Zetnalm, die wir passierten -, an diesem Tag wenig Betrieb. Das Wetter ist in diesem Jahr eine „Kataschtroph“, sagt sie. Bislang fiel die höchste Regenmenge in einem Sommer seit 30 Jahren, die allgegenwärtigen Beregnungsanlagen in den Apfelplantagen im Meraner Becken haben wenig zu tun, genau wie die Helfer auf den Almen. Nico Gruber, Enkel der Wirtin, ist seit dem 14. Juni oben und hilft seiner Großmutter, die die Alm von der Gemeinde Naturns gepachtet hat. Geöffnet sind die Hütten von Ostern bis Anfang, Ende Oktober (eine bleibt als Schutzhütte für die Jäger ganzjährig offen). „Das hängt vom Wetter ab”, sagt Nico, der die jugendlichen Applikationen wie Ohrtunnel und buntes Plastikpiercing unter der Unterlippe trägt. Passt man als junger Mensch in so eine Abgeschiedenheit, fern der Clique? „Wohl, wohl”, schiebt er hinterher und uns einen warmen, aromatischen Kastanienstrudel samt Weißbier herüber. Außerdem macht er ja später im Sommer auch noch Urlaub.

Noch Bock auf 1000 Höhenmeter?

Die Sonne brennt von oben, aus dem Schatten macht sich jedoch ein kühler Unterzug bemerkbar. Die Glocken der Ziegen und Bergschafe bimmeln und es wäre durchaus ein Nickerchen angesagt, wenn da nicht noch etwas wäre. Klar, man muss die neun Kilometer auch noch zurück. Von oben herab schaut die Hochwart (2608 m) und scheint zu feixen: Na, noch Bock auf 1000 Höhenmeter? – Nee, lass ma lieber, heute nicht.

PS: Offiziell heißt die Mauslochalm seit 1984 Frantschalm, angeblich auf Betreiben des örtlichen Pfarrers. „Mausloch g’fallt nit jädem”, meint Nico in dem charmanten Südtroler Dialekt. Den ebenso angeblichen Berg – Frantsch-Wand -, nachdem die Alm neubenannt wurde, finden wir in unserer Wanderkarte jedoch nicht.

Wanderkarte: Kompass Nr. 051, Naturns/Latsch/Schnalstal

Doro_80x80 Michael_Autor

 

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