Belavis…schöne Aussicht!

Von Dorothe (Fotografie) und Michael (Text) – Von der Bellavista-Hütte im Schnalstal hast Du eine schöne Aussicht über die alpine Bergwelt ringsherum. Italienischkundige Bergwanderer werden nach dieser banalen Einleitung einwenden: Seid ihr komplett bescheuert? Ist doch das Gleiche. Ist es aber nicht, fragt mal Südtiroler. Sie werden sehr bestimmt von der Schöne-Aussicht-Hütte reden und nie, nie! die italienische Bezeichnung wählen, denn sie fühlen sich nach wie vor als Österreicher.

Ein angesehener Junghotelier aus Dorf Tirol brachte das nationale Dilemma der nach dem 1. Weltkrieg von Italien „eingemeindeten” Südtiroler auf einen anschauliches Bild. Wenn ich mir mit einem Messer tief in den Arm schneide, sagte er, was sehen Sie dann? „Rot-weiß-rot”, meinte er, aber niemals „grün-weiß-rot”. (Landesfarben von Österreich bzw. Italien).

Hofers renitente Gene sind virulent

Die Bezeichnung von Bergen, Almen, Hütten und Wegen ist in Südtirol ein sensibles Thema. Hier setzt und kann der selbstbewusste Südtiroler der von oben angeordneten Zweisprachlichkeit Grenzen setzen. Andreas Hofer (damals gegen Bayern und Frankreich) lebt! Sein Freiheitsbewusstsein und seine renitenten, aufständischen Gene sind in den Nachfahren virulent. Italiener wiederum reagieren genervt auf dieses regionale Selbstbewusstsein und verzieren die deutschsprachigen Weghinweise im Meraner Becken notorisch mit dicken Filzschreibern mit ihren Übersetzungen. Aus „Aschbach” wird „Rio Lagundo”, undsoweiter, und auf ein „Servus” oder „Grias di” im Berg antwortet manch ein Italiener erst gar nicht. Ist schon hart, sich im eigenen Land in einer ausländischen Sprache zurechtfinden zu müssen…

Eine Skiabfahrt der Kategorie „sehr schwarz”

Wir starten in Kurzras, einer Anhäufung von Sporthotels auf rund 2000 Höhenmetern im Talschluss des Schnalstales. „Glacier Hotel Grawand” protzt eine Werbung an der Talstation des Liftes, der dich über 1200 Meter höher befördert. Wir gehen zu Fuß, den Steig an der Flanke der Steinschlagspitze, die Steigung ist angenehm. Gegenüber liegt die Graue Wand (3202 m) im Gegenlicht dunkel wie ein Kohlemassiv, an ihrer linken Schulter windet sich eine wahnsinnig steile Spur: Straßen- oder Skipiste? Die Antwort weiß eine freundliche Bedienung der Schöne-Aussicht-Hütte. „Eine Skiabfahrt der Kategorie ,sehr schwarz’”, sagt sie. Gegenüber, unterhalb der Grawand, wird lautstark Bergbau betrieben. Bagger pickeln und knabbern im Stakkato irgendetwas aus dem Gestein, die x-te Seilbahn vielleicht? Nein, nur noch eine Piste für Top-Skifahrer, sagt die Hüttenkellnerin und sieht dabei nicht glücklich aus.

Ein Fluss aus Eis strömt von der Weißkugel

Wir steigen weiter auf den 3000er „Im hintern Eis”, einen roten Schuttgipfel mit einzigartigem Ausblick. Rundherum Gletscher, wohin Du schaust, gleißendes Weiß mit Rissen, Spalten, Furchen, von der Weißkugel (3739 m) herunter ergießt sich ein Fluss aus Eis, der Hintereisferner. Wie Ameisen an einer Leine schnürt eine Siebener-Seilschaft eilig über den Gletscher, von Nordwesten her ziehen dichte dunkle Wolkenwände heran. Wir blicken auf Vernagtspitze, Wildspitze, Kreuzspitze, Finailspitze, Schwarze Wand, um nur einige der Riesen zu nennen und frönen hemmungslos der neuen Pest der digitalen Fotografie: Panoramaaufnahmen machen!

Bartgeier mit riesiger Spannweite

Der Tipp von Erwin, unserem Berg-Mann aus dem Gasthof Oberöberst, über die Schöne-Aussicht-Hütte hinaus zum Hintereis zu steigen, war Gold wert. Auf dem Abstieg gibt’s noch die Sahne obenauf: Ein Bartgeier mit riesiger Spannweite kreist über einer Schafherde, die Murmeltiere pfeifen Alarm wie verrückt. Er ist jedoch nicht auf der Suche nach einem Schöppsenbraten, sondern lässt sich auf einer Felsstufe nieder und putzt sein Gefieder. Wenig später gesellt sich ein noch größerer Geier hinzu: Was für ein Anblick! Leider zu weit entfernt für unsere Kamera, uns bleibt aber die Erinnerung an eine imposante Beobachtung.

Doro_80x80Michael_Autor

Die Tour wurde aufgezeichnet mit der App outdooractive:

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