Am letzten Tag: das Paradies

Ein Mann, ein Projekt: zu Fuß vom Schwarzwald durch die Schweiz zum Lago Maggiore. Hier Geralds Wandertagebuch, Tag 8: Von Domodossola/ Malesco nach Trarego, 30 km, 1000 Hm, 6 Stunden.

Es ist immer gut, einen Plan B in der Tasche zu haben. Der erste Zug ins Val Vigezzo und Centovalli fährt erst um halb neun und ist um halb zehn in Malesco. Eine traumhaft schöne Zugfahrt mit der Centovallibahn  über 100 Brücken in ursprünglicher Natur, eine der schönsten Strecken Europas zum sagenhaften Preis von 4,50 Euro. Nur, das ist zu spät für eine anspruchsvolle Bergtour. Entsprechend folge ich Barbaras Rat und wähle den Via Borromea, der in Finero beginnt und im Cannobinatal am orografisch linken Hang auf einer alten Mulatierra verläuft, also auf einem Saumpfad aus einer Zeit, als es die Straße durch das enge, wilde Tal noch überhaupt nicht gab.

Granit, so schön geschliffen

Ich genieße diese Etappe, flöte und singe, heute ist für mich nach den harten Etappen wirklich ein Schlendern. Es ist gleichzeitig ein Lehrpfad. So erfährt man zum Beispiel, wie die Menschen hier früher Hanf angebaut und daraus Schuhe, Seile und Kleidung hergestellt haben. Vom netten, verschlafenen Bergnest Cursulo hat man eine fantastische Aussicht auf das gesamte Cannobinatal und sieht die wie Adlernester verstreuten übrigen Bergdörfer wie etwa Orasso, das auf kurzweiligen Pfad schon bald folgt. Danach wird der Wald dichter und es kommt eine Bachüberquerung an einer alten Steinbrücke. Das Wasser so klar, die Granitsteine so schön geschliffen, da muss man einfach hin und fotografieren.

Das Tal riecht nach blühenden Maronen

Aber nicht nur die Augen kommen auf ihre Kosten, auch die Nase, denn das ganze Tal riecht intensiv nach den blühenden Maronen, einem der vorherrschenden Bäume. Schließlich geht es ganz hinunter in die Cannobinaschlucht, aber auf der anderen Seite gleich wieder rauf. Das Nest, wo das Sträßchen endet, heißt Socraggio, laut Giuliana lebt hier noch eine alte Dame ganzjährig und freut sich über jeden Besuch. Beim Wegweiser „Strada per Trarego“ muss ich schmunzeln. Das ist die steilste Straße der Welt. Sie geginnt schon im Ort mit bestimmt 100 Stufen. Die alte Signora hat mich erblickt und fragt, ob ich nach Trarego laufe. „Si!“ „Buona passegiata!“ „Grazie!“

Es ist vollbracht!

Zurück zur „strada“, sie ist echt ein Treppenwitz. Immer längere Wegpassagen folgen, zuletzt eine wahre Himmelsleiter. Aber jetzt kann mich nichts mehr stoppen. Die Vorfreude steigt ins Unermessliche. Nur noch ein kleiner Pass, die Piazza, 1050m, dann laufe ich auf meine, unsere Alm zu. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl nach acht Tagen und über 330 km Latscherei! Massimo hat die Alm bereits gemäht, so ist sie tatsächlich das Paradies. Es ist vollbracht!

Zu guter Letzt möchte ich mich bei allen Freunden ganz herzlich bedanken, die mir unterwegs geschrieben und mich ermutigt haben. Das hat motiviert! Ganz herzlich möchte ich mich noch einmal bei den wahren Schlenderern Michael und Franz (Wir sagen: Gerald, das ist eine stramme Leistung, Respekt! d. Red.) bedanken, die die Tourberichte bearbeitet und auf ihrem Blog publiziert haben! Danke auch an die Schweizer Almnachbarn, die mir bei der Ankunft bereits ein Bier bereit gestellt haben… Prost!

2 Kommentare zu “Am letzten Tag: das Paradies

  1. Gerald, Herzlichen Glückwunsch. Denke du hast eine gute Zeit gehabt und viele Eindrücke gesammelt.
    Viele Grüße, Peter

  2. Mannomann Gerald, ich habe beim Lesen schon Muskelkater bekommen. Für solche Entfernungen hab ich ein – Motorrad. Glückwunsch zur Leistung und zu Deinen Geschichten. Gruß an Hilde und Gruß auch an Michael und Franz. Echt eine super Seite, weil man nicht mitgehen muss, um trotzdem dabei zu sein! Dirk

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