Dunschtig

Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – Um euch gleich mal den Herbstblues einzublasen, ein paar richtig stimmige Zeilen von dem deutschen Spiritualisten Hermann Hesse: „Seltsam, im Nebel zu wandern! Einsam ist jeder Busch und Stein. Kein Baum sieht den andern. Jeder ist allein.“

Wir sind rund um die Ennepetalsperre glücklicherweise zu Dritt unterwegs, Franz, Martin and me, aber im Dunscht laufen wir auch. Hätte sonniger sein können, echt! Dafür werden wir in Kückelhausen durch einen schönen Einstieg in die Runde entschädigt. Die beiden Langen laufen sich den Staub von der Watzmann-Besteigung von den Stiefeln, ich achte auf jeden Tritt. Ist nämlich ne sanft geschwungene Kuhwiese, über die wir laufen dürfen, und die Chance sechs Richtige im Kuhfladenlotto zu bekommen, ist enorm hoch.

„Die kennen mich schon!“

Der Pfad, dem wir folgen, ist richtig schön! Hüfthohes gelbes Gras und welke Farne, der Boden ausgelegt mit ledrigbraunem Laub mit hellgelben Tupfern. Hügelige Wald- und Wiesenlandschaft breitet sich vor unseren Augen aus, unterbrochen von Hecken oder einsamen Weilern. An einer Weide füttert Helmut, ein radelnder Senior aus Altenbreckerfeld, ein betagtes Pony und ein stattliches Kaltblut, dessen Mutter oder Vater mal etwas mit einem Shire-Horse gehabt hatte, mit Apfelschalen. Die Tiere haben den Alten schon gewittert und traben bereitwillig heran. „Ja“, sagt Helmut, „die kennen mich schon.“ Das fuchsige Pony sei 40 Jahre alt, erzählt er, aber immer noch frech genug, den Großen wegzubeißen. In Filde machen wir, weil der Gasthof geöffnet hat, mittags vorzeitigen Kaffeeklatsch mit Pflaumen- und Stachelbeerkuchen.

Eine griechische Tragödie

Die diesjährige Pilzsaison – Martin und ich laufen im Herbst mit Scannerblick -, ist aus Sammlersicht ein Trauerspiel griechischen Ausmaßes. Fast kaum ein verwertbarer Pilz sprießt, überhaupt machen sie sich rar, sehr rar, es ist das schlechteste Jahr seit langer Zeit. Kommen noch Steinpilze? Ich gebe die Hoffnung nicht auf und würde auch Heiligabend noch sammeln. Haben sich die Schwammerln gegen den Menschen verschworen, gibt es Absprachen unter den unterirdischen Myzelien? Wenn der Baum ein geheimes Leben hat, wie es der Förster und Buchautor Peter Wohlleben unterstellt, dann wohl auch der Pilz. Er will sich nicht mehr vom Menschen in die Pfanne hauen lassen.

Schwefel-Curry-Porling

Da! Da! Da! Pfifferlinge leuchten orangerot — leider falsche. Das mickerige Wachstum der Pilze lenkt die Aufmerksamkeit auf Arten, die sonst im Grundrauschen der Vielfalt untergehen. Schwindlinge, ein weites Feld! Erdsterne, nur schön anzusehen. Dann dieser Eine, der in Martins Kochtopf wandern wird: ein Schwefelporling. Schöne feste Konsistenz, wie Hühnchenfleisch und wie gemacht für Vegetarier. Der Pilzgeschmack ist nicht sonderlich stark ausgeprägt, meint Martin, weshalb er den Schwefelporling gerne als Curry zubereitet. (Anm.: Wenn Martin das Curry ohne gesundheitliche Beeinträchtigung übersteht, werde ich auch mal Porling probieren.)

Eine Riesenameise auf dem Rad

Jetzt haben wir wenig bis gar nichts von der Ennepetalsperre erzählt, was daran liegt, dass Streckenplaner-in-Chief Franz uns den geteerten Promenadenweg meist auf eine Armlänge Distanz gehalten hat. Als wir schließlich doch an den abgezäunten Ufersaum kommen, haben wir gleich eine Erscheinung: Ein dünner, schwarz gekleideter Radfahrer brettert über die Promenade, das Gesicht mit einer Art Windabweiser geschützt; oder war es ein dunkler Vollhelm? Der Gesamteindruck: eine radelnde Riesenameise, krass.

Schluckvermögen und Regulierungsorgan

Der Seearm der Talsperre am Osenberg ist trockengefallen, am Grund wächst Gras. Den verblassten Infotafeln entnehmen wir ein schönes Wort: Das Kraftwerk hat ein „Schluckvermögen“ von 170 bis 1400 l/sec. Hätte der Mensch, rein biertechnisch gesehen, ein ähnliches Fassungsvermögen, was müsste er dann haben? Genau, unten ein entsprechend dimensioniertes „Regulierungsorgan“. Feixend ziehen wir weiter.

Der Boden in den Waldstücken ist hier dicht bemoost, im weichen Licht scheint das Moos hellgrün zu leuchten. Und allem Nebel zum Trotz: Zu Dritt ist man besser allein!

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