Es wird wieder interessant im Wald

Von Michael (Text) und Franz (Fotografie) – Dieser Wanderung fehlen: mindestens 2500 Höhenmeter sowie die Ödnis und Kargheit des hochalpinen Gebirges. Dafür gibt es: Wald in Hülle und Fülle. Nach den Touren in den Südtiroler Alpen begrüße ich mich jetzt mal selbst: Herzlich willkommen zurück im Sauerland, genauer – im Ebbegebirge bei Valbert.

Warum es wieder interessant wird im Wald? Die Antwort kommt uns am Wanderparkplatz Quellental in Hösinghausen entgegen. Ein Korb voller Maronen und einem (!) Steinpilz, der am Arm von Heinz hängt. Heinz wiederum kommt aus Gelsenkirchen, ist seit 7 Uhr in der Früh unterwegs und er hat mit seinen beiden Begleiterinnen drei, vier Kuppen komplett abgescannt. „Fast alle Steinpilze sind faul”, sagt er, „das ist dieses Jahr nichts.”

„Die bizarren Formen, wenn sie verwesen”

Diese unerwartete Begegnung nehmen wir gleich zum Anlass, den Unterschied zwischen einem Gelsenkirchener und einem Dortmunder Pilzsammler zu erklären. Ist ganz einfach, wie im Bundesligafußball: Der Schalker pflückt die Graupen, der Borusse greift zu jungen Talenten und bester Qualität. Die jungen Steinis, die wir später finden, sind weder madig noch faul. Läster-Schalter auf Aus – Heinz hat wirklich schöne Maronen gesammelt und uns beiden gemein ist ja die Liebe zum Fußball und zu Pilzen.

Die Begeisterung über den einsetzenden Pilzwuchs (Franz: „Diese bizarren Formen, wenn sie verwesen”; ich: „Komplett und adrett auf dem Teller ist auch nicht zu verachten”) lässt uns beinahe die Schönheit des Weges übersehen. Wir gehen eine Teilstrecke auf dem „Sauerland-Höhenflug”, die Vegetation ist sattgrün und üppig und es setzt ein Streit über Herbst oder noch nicht Herbst ein. Unsereiner, der auf der Rückkehr aus Südtirol durch die neue Sahelzone Bayern reiste – der Boden knochentrocken, die Vegetation von einem fahlgrauen Grün und das Gras verdorrt -, sagt: „noch Sommer”. Franz versucht verzweifelt, jeden Hauch von Gelb als „Herbst” auszulegen. In der Tat ist Westfalen von jener sommerlichen Dürre in diesem Jahr aber verschont geblieben.

Wir bewundern eine verwachsene Buche

Im Naturpark Ebbegebirge ist es sogar sehr nass und einigermaßen erstaunt lernen wir von einer Info-Tafel mitten im Wald: Es gibt Quell- und Hangmoore, hier gedeihen Sonnentau und Torfmoos, das das 25-fache seines Eigengewichtes an Wasser speichern kann. Eine Menge, die 16 Badewannen voll Wasser entspricht, die ein erwachsener Mann an einem Tag trinken müsste (Aus Gründen des Jugendschutzes dürfen wir leider nicht das Äquivalent in Weißbier anführen). Wasser fließt hier aus allen Ecken, sodass die Brücke über einen Bach dahinter als Steg weitergeführt wird. Wir bewundern eine „Knotenbuche”, so verwachsen ist ihr Stamm in 250 Lebensjahren. Sie ist ein Markenbaum, der in feudalistischen Zeiten die Grenzen des Markenwaldes markierte. Geschlagen wurde Bau- und Brennholz sowie Material zu Meilerung von Holzkohle.

Ein kurzer Blick in den Himmel endet in der Frage: Steigen wir höher oder kommen die dunklen Wolken runter? Weil wir ins Wetter von gleich gucken wollen und weil er da steht, steigen wir auf den Robert-Kolb-Turm auf der Nordhelle (von dem großen Umsetzer nebenan kam früher das Fernsehen für das Sauerland). Interessante Treppe, drinnen. Jede Stufe gesponsert, wir danken Lucy und Aloys Steppuhn (früherer Landrat MK, früherer SGV-Präsident) für die oberste und letzte. Oben im Turm: alles gut, das Wetter für die nächste Stunde passt.

Mit dem Erdhobel durch den Wald

Leider verlassen wir hinterm dem Kolb-Turm die schönen „pfadigen” Wege des Höhenfluges. Irgendjemand ist mit einem GPS-gesteuerten Erdhobel durch den Wald gepflügt, ein zweiter jemand karrte Schotter darauf, der dritte walzte die Trasse platt. Kommt vielleicht noch eine Asphaltdecke drauf? Frevel, Schande! Wir schreien unseren Unmut in den Wald…

Viel Teer auf dem Weg folgt auch noch, aber die Streckenführung ist unser Problem. Ja, man kann diesen eleganten Entwurf noch „optimieren”, sodass man nicht – wie wir – mitten in einem Gestüt landet. Andererseits vertiefen solche Schlenker noch unsere ohnehin profunde Heimatkunde;-))

Zurück am Parkplatz Quellental runzeln wir kurz die Stirn. Haben Berge etwas mit Bier zu tun? Der hölzernen Infotafel zufolge waren wir im „Ebbegebierge” unterwegs. Klarer Fall von: a) Brauereisponsoring, b) verschnitzt.

Franz_Michael_klein

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