Von Franz – Thomas bringt uns auf die Idee. Er hat das Eisenbahnmuseum in Bochum-Dahlhausen mit einer sehenswerten Ausstellung mit S/W-Fotos des Castrop-Rauxeler Fotojournalisten Helmut Orwat besucht. Supertipp, da müssen wir auch hin. Sofort kommen die Erinnerungen. Vor über 50 Jahren haben wir als Kinder oft auf der Brücke über die Bahnstrecke von Hamm nach Recklinghausen in Datteln-Meckinghofen gestanden. Unter uns fuhr eine Dampflok mit Güterwaggons durch. Leckofanni, um uns, über uns, unter uns nur noch Dampf. Sicht null, so geht Abenteuer. Und dann die Fahrten mit dem Triebwagen in die „riesengroße“ Großstadt Recklinghausen. Wir waren ja Landeier, was haben wir gestaunt. Vor 32 Jahren habe ich mit meinen Kindern eine Fahrt mit einer Dampflok im Museumszug von Witten-Herbede zur Zeche Nachtigall und zurück gemacht. Kinder und Vater waren schwer beeindruckt von der imposanten Technik.
Schwitz!
Jetzt schlendern wir also durch das Eisenbahnmuseum in Dahlhausen, leider schüttet es zwischendurch so richtig vom dunklen Himmel. Gut, dass es so viele Dampfloks und Waggons im Ringlokschuppen und in zwei weiteren Hallen zu besichtigen gibt. Den heftigsten Guss sitzen wir in einem kleinen Warteraum aus. So kann das Foto von großen Wassertropfen, die auf Biertische klatschen, eingefangen werden. Zurück zur Technik. Wir stehen vor der größten und schnellsten Dampflok des Museum, der ältesten noch erhaltenen „Einheitslok“ 01008 mit ihren gigantischen 2m hohen Antriebsrädern. Selbst ich als Zwei-Meter-Mann komme mir richtig klein vor. Einheitslok deshalb, weil bis in die 1920er Jahre die Länder für den Bahnverkehr zuständig waren und unterschiedliche Bahnen bauten. Die neugegründete Reichsbahn setzte dagegen auf einheitliche Lokomotiven. Bis zu 2200 PS brachten die Giganten auf die Schiene. So beeindruckend ist ihr Erscheinungsbild, dass bei der letzten Fahrt 1973 ins Museum tausende Eisenbahnfreunde auch aus dem Ausland an der Strecke stehen. Im Führerstand der 01008 lässt sich die Schwerstarbeit der Heizer erahnen. Bis zu 10 t Kohle mussten sie in den Feuerschlund an einem Arbeitstag schaufeln. Schwitz!!!
Abenteuer für meine Kinder
Die P8 von 1918 steht häufig unter Dampf und zieht den historischen Museumszug der Ruhrtalbahn von Dahlhausen nach Witten-Wengern. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 100 km/h gehörte dieser Lokomotivtyp bis in die 1960er Jahre zu den wichtigsten Lokomotiven für Personenzüge in Deutschland. Die Erinnerung an die abenteuerliche Fahrt mit unseren Kindern kehrt zurück. Hier der Fahrplan für 2024: https://eisenbahnmuseum-bochum.de/ruhrtalbahn/
Holzklasse
Der Unterschied zwischen der 3. und der 2. Klasse in den Reisewaggons wird eindrucksvoll deutlich. Hier die Holzklasse und dort die gepolsterten Sitzbänke. Sinnbildlicher kann man Klassenunterschiede kaum darstellen. Im ehemaligen Dienstzug von Adolf Hitler mit fünf Doppelabteilen und zehn Betten ließen es sich später z.b. Schah Resa Pahlavi oder Willy Brandt gut gehen. Exponate wie das Gesellschaftsspiel „Wehrschach Tak-Tik“ von 1940 oder das Buch „Erinnerungen“ von Willy Brandt stehen für die geschichtsträchtige Nutzung des Schlafwagens. Mich zieht der Akku-Triebwagen aus den 1950er Jahren an. Eine Batterieladung reichte für 300-400 km. Die Fahrten vom Dattelner Bahnhof nach Recklinghausen zum Einkauf waren immer sehr eindrucksvoll. Was habe ich als Kind an den Fensterscheiben geklebt und die vorbeiziehende Landschaft in mich aufgesaugt. Noch bis 1995 pendelte der Triebwagen zwischen Bochum und Gelsenkirchen.
Fotos mit Seele
Nun noch kurz zur Ausstellung von Helmut Orwat mit vielen Ruhrgebietsfotos aus den 1960er bis 90er Jahren. „Die besten Fotos haben gleichsam eine Seele, man merkt ihnen die Freude der Herstellung an.“ So beschreibt mein ehemaliger Kollege Bernd Berke die Fotoausstellung im Westfalenspiegel. Helmut Orwat ist ein alter Fotokollege von mir und wir sind uns häufiger bei Fotografentreffen in Dortmund begegnet. Ein sehr netter und ruhiger, aber auch humorvoller Kollege. Vor 45 Jahren hatte er eine Ausstellung in der Sparkasse Henrichenburg. Nach meinem 2. Staatsexamen als Lehrer habe ich bei einer Landschaftsgärtnerei in Henrichenburg gearbeitet und die Ausstellung besucht.
Helmut bestimmte mein Berufsleben
Ich wollte kein Lehrer mehr sein, aber Landschaftsgärtner auch nicht auf Dauer. Also habe ich Helmut angerufen und gefragt, wie ich als Fotograf tätig werden könnte. Er empfiehlt, mich bei Lokalzeitungen zu melden und so habe ich mich bei der WR in Dortmund beworben. Die WR hat mir zunächst eine freie Mitarbeitertätigkeit angeboten, die ich in der Stadtteilredaktion in Hörde begonnen habe. Dann ging alles recht zügig. Ich bekam ein Volontariat und anschließend die Festanstellung als Fotoredakteur in Dortmund. So hat Helmut Orwat mein Berufsleben mit bestimmt und ich bin glücklich, dass wir das Eisenbahnmuseum in Dahlhausen und die Fotoausstellung durchschlendert haben.