Ein guter Grund

Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) … derzeit in den Wald zu gehen, wächst nahe Kühhude am Wegesrand des Rothaarsteiges. Naja, nicht genau am Rothaarsteig, weil Franz – als antiautoritär geschulter Wanderer – sich ungern Wegevorschriften machen lässt. So eine Querköpfigkeit kann einem innerhalb von 30 Minuten die besten Erlebnisse einer Wanderung verschaffen…

… und wenn man wüsste, um welche 30 Minuten es sich genau handelt, könnte man sich im Dreieck Jagdhaus – Kühhude – Latrop einige Anstrengung ersparen. Aber laufen wir erst mal los.

Im Tal der Gesetzlosen

Franz und ich lassen Ostern Paroli laufen (Danke, Horst Hrubesch!), der Lange war auf Malle, ich in Melbecke beim Osterfeuer im „Tal der Gesetzlosen“. Die Landjugend lässt es mächtig qualmen, musstu aufpassen, klaren Kopf zu behalten. Wir quatschen und latschen über den Rothaarsteig, bis uns am Großen Kopf (742 m) die Vergangenheit ereilt. Wir haben mal für eine Zeitung fotografiert und geschrieben, war ne Jugendsünde, wir brauchten das Geld. Anlass war das 10-jährige Bestehen des Rothaarsteigs 2012, am Großen Kopf kam hinter uns ein Paar herangestampft, synchron in Fuß- und Stockarbeit, ein Ensemble, für das der Dritte in unserem damaligen Team den treffenden wie wundervollen Begriff „Wandermaschine“ erfand.

Natur hier oben noch im Winterschlaf

Zwischenbemerkung: Die Natur hier oben auf dem Rothaarsteig blinzelt noch im Winterschlaf, während es unten im Tal schon heftig blüht an Kirschbäumen und Forsythiensträuchen.

Die Hängebrücke, die wir alsbald erreichen, nennen wir mal in einem Atemzug mit Hell’s Gate über den Fraser River in Kanada – ist gestrunzt jetzt, aber ich war da mal. Schwackeln tut’s genau so, allein es fehlt der tosende Fraser River darunter. Dann hat Franz mal wieder eine seiner abwegigen Ideen, wegen einer „schönen Bank“. Nur ein kleiner Umweg, bitte! Woher weiß der das? Hat der ein Bank-Gedächtnis wie ich ein Steinpilz-Standort-Gedächtnis, hat er gar eine Bank-Katasterkarte des Sauerlandes?

„Das kann es doch nicht gewesen sein”

Vorher treffen wir Alfons aus Fredeburg am Skulpturen-Monument „Stein-Zeit-Mensch“ des Künstlers Niels-Udo. Alfons ist in seinen 70-ern und eine echte Nummer für sich. Seine Pumpe machte vor Jahren nicht so, wie sie sollte, er lag im Johannes-Hospital in Dortmund und sinnierte: Das kann es doch nicht gewesen sein. Seitdem dreht er fast jeden Tag eine 10-km-Runde im Sauerland (Daumen hoch, das gefällt den Schenderern) und kennt folglich jede Einkehr und jeden Baum. Auch die Stämme, die 100 Meter neben der Skulptur verrottet am Boden liegen. Das Kunstwerk musste 2014 teilerneuert werden, weil Pilze das Holz zersetzten. Die neuen Weißtannenstämme sind mächtig, sicherlich 3,60 bi 3,80 Meter im Umfang und stehen, laut Alfons, „in 1000 Jahren noch“. Warum, zum Teufel, schleppt man so ne Menge Holz IN den Wald?

Verbiss auch an ausgewachsenen Bäumen

„Habt ihr die Wisente gesehen?“, fragt er. Nö. Die Urviecher standen im Winter unten im Tal auf der Wittgensteiner Seite, erzählt Alfons, dort wurden die ausgewilderten Tiere gefüttert. Nicht gerade im Sinne des Auswilderns, aber die Wisente knabbern gerne an Buchentrieben, auch an der Rinde ausgewachsener Stämme, denen das nicht gut bekommt. Verbissschäden von Rotwild und Wisenten summieren sich zu Lasten der Waldbesitzern. Positiver Effekt für die Jäger, so Alfons: Wo Wisente sind, sind keine Hirsche. Sie ziehen gelegentlich aus den Wittgensteiner Wäldern ins Sauerland (vor die Flinten der heimischen Jäger). Hast Du eine Frau? Nee, ich hab‘ sie alle, entgegnet Alfons. Ob alles stimmt, was der Filou uns erzählt hat?

Franz, mach mal die Kamera aus!

Oberhalb Kühhude machen wir Rast, Essen im Liegen auf den Bänken, die Franz im Sinn hatte, Essen mit Aussicht bis hinunter zum Feldberg im Taunus, die Sonne lacht dazu und ein Rotmilan dreht seine Kreise hoch über uns.

Anschließend geht Franz seinen Weg, abseits der ausgewiesenen Strecke und was leuchtet tief unter uns saftig-grün aus der wintermüden Vegetation? Bärlauch-Inseln, von denen ein deutlicher Knobi-Duft ausströmt! Wir rutschen hinunter, äh, nur zur sicheren Bestimmung. Darf man das Zeug pflücken? Franz, mach mal die Kamera aus! Jau, is Bärlauch.

Hallo Lieblingsort, hier will ich niemals fort

Das folgende Grubental nach Latrop hinunter ist absolut eine Empfehlung wert mit seinen traumhaften Bächen und Siepen. Am Ufer der Latrop sichten wir Klo-Bürsten, ähm, Pestwurz in weiß und rot, Buschwindröschen sind auch stark im Kommen, Latrop selbst ist immer einen Abstecher wert (Gasthof zum Grubental, die kleine Mühle mit Museum der Waldarbeiter) und dann geht es hoch nach Jagdhaus=Schäferhof=Hallo Lieblingsort, hier will ich niemals fort, zu sensationellen gepökelten Schweinebäckchen auf Rahmwirsing und Linguine mit Rucola und eingelegten Tomaten. Jau, män!

Franz_Michael_klein

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