Auf der Teststrecke

Von Michael (Text) und Franz (Fotos) – An und für sich kommen die Schlenderer ja von der analogen Seite des Lebens her, wir haben noch Geräte, mit denen man Schallplatten abspielen kann, und verlassen uns beim Wandern auf Karten. Andererseits – und ich widerspreche mir jetzt gerne, aber es klingt soo cool: probieren wir als innovationsfreudiges und technikaffines Wanderportal gerne mal was Neues aus. Kurzum: Wir waren auf der Teststrecke im Arnsberger Stadtwald.

Ahnt die Wandergruppe, die am Waldfriedhof in Dickenbruch an uns vorbeistiefelt, von unserem Plan? „Die ham auch was vor”, murmelt einer der Sportsfreunde bedeutungsvoll. Richtig: ham wer. Auf der Messe Tour Natur in Düsseldorf in der Vorwoche überredete uns der freundliche Vertreter des Wanderkartenherstellers Kompass, das neue digitale Produkt der Firma mal anzuwenden. Eine App (umsonst), in die man sich Kartenausschnitte nach Wahl gegen Aufpreis, sogenannte In-App-Käufe, herunterladen kann. „Sie können sich den Bereich, den Sie möchten, frei wählen und bezahlen je nach Kartenausschnitt 89 Cent bis 2,69 Euro”, sagte Michael Schröder. Die gespeicherte Karte bleibt offline auf Android- wie IOS-Geräten und kann jederzeit wieder abgerufen werden.

„Integriertes Livetracking”

Der Ausschnitt „M” ist schon recht komfortabel und reicht von Werl über Soest, Meschede, Plettenberg bis Menden, um Eckstädte zu nennen, 1500 Quadratkilometer insgesamt, und kostet 1,79 Euro. Für uns umsonst, weil die erste Karte freundlicherweise die Telekom als Netzprovider übernimmt (warum auch immer, aber: Dankeschön), für weitere Ausschnitte gab Michael Schröder Franz und mir Gutscheine (nochmal Dankeschön).

Jaaa, und wie funzt die neue App so? Also – aber beginnen wir ein Stück früher, bei der Tourplanung. Man muss wissen, wo und welche Runde man gehen will; eine Karte (analog, aus Papier) ist dabei übersichtlicher als die App, die Gesamtüberblicke auf den kleinen Displays von iPhone oder Android-Smartphone kaum nachvollziehbar und nicht bequem darstellen kann.

Die App ist unterwegs sehr, sehr hilfreich!

Hinterhältig wie wir sind, als Portal für gerissene Tourengeher, haben wir uns eine Rundstrecke aus dem gedruckten Kompass-Wanderführer Sauerland von Sylvia und Thilo Behla ausgesucht – Tour Nr. 20 – und uns die wenigen Eckpunkte gemerkt. Dickenbruch, Ehmsenhütte, Jägerbänke, Flanenberg, Hubertuspöstchen, Hellefelder Höhe und zurück auf Schumachers Kopf. Schon auf dem Parkplatz, auf dem wir uns testweise bewegen, zeigt uns die Kompass-App, wo es hergeht. Sie verfügt über ein „integriertes Livetracking” – man kann damit Freunden mitteilen, wo man sich aktuell befindet -, und zeigt jederzeit die präzise Position des Eifone- oder Gälexi-Trägers auf den eingezeichneten Wanderwegen an. Sehr, sehr hilfreich das!

Bedenken – Regen droht, Karten kann man laminieren, Mobiltelefone nicht -, zerstreuen sich schnell. Souverän navigieren wir mit der App durch den ortsfreien Wald, oft auf schmalen, schönen Pfaden, aber auch auf breiten Forstwegen. Registrieren am Parkplatz Ochsenkopf den verloren wirkenden Bildstock des Hl. Antonius, der im Sauerland wahlweise Klüngeltünnes (weil er Hilfe bei der Suche nach verlorengegangenen Sachen gibt) oder Fickeltünnes (weil früher der Antoniterorden das Antoniusschwein für Bedürftige stiftete) genannt wird. Franz macht unterwegs ein bisschen Pilz-Porno (guckst Du Bildstrecke) und wir machen Pause am bedeutungsschwangeren Hubertuspöstchen. Neben dem Bildstock für den Hl. Hubertus steht hier auch ein sandsteinernes Denkmal für die deutsche Einheit.

„Haben Sie die Markierung nicht gesehen?”

Wenig später, auf der Hellefelder Höhe, Stirnrunzeln des Karten- und auch des Kompass-App-Warts: Der Wanderweg X7 ist zwar in unseren Karten (Papier, digital) zu finden, aber nicht als Markierung an den Bäumen. Offenbar hat der SGV diesen Hauptwanderweg hier aufgegeben und zeichnet ihn mit einem Dreieck aus. Aber wir sind nachsichtig, denn der Weg gibt den weiten Blick frei nach Norden, die Sonne blinzelt uns warm vom blauen Himmel an.

Das Teil bleibt drauf aufm Handy

Wenige Gehminuten vor dem Schumachers Kopf jammern Fichtenmopeds auf und ein langer Baum schlägt berstend auf den Weg. Lebensgefahr, Waldarbeiten! Als die Kettensägen ruhen, dürfen wir durch und merken nach rund 100 Metern: Mist, verhauen – zeigt uns die Kompass-App an. Statt die Gefahrenzone seitlich zu passieren hätten wir stracks durchmarschieren müssen. Zuviel action lenkt eben ab. Der freundliche Kettensägenträger grinst bei unserem erneuten Auftauchen und winkt uns durch. „Ich dachte, sie hätten die Markierung dort gesehen.”

Dann sind wir richtig und stiefeln auf den Boothill von Dickenbruch zu, von dem wir gestartet sind.

Das Resümee?
Die Kompass-App säuft Energie vom Handy wie ein durstiger Gaul;
der gedruckte Kompass-Wanderführer Sauerland ist für eine sichere Streckenführung nicht detailliert genug;
man sieht auf der App IMMER, wo man sich gerade befindet;
das Teil bleibt drauf auf dem Handy!
Wer auf Nummer sicher gehen will, wandert mit Hosenträgern und Gürtel (App UND Karte);
Franz wird man die Wanderkarte nur aus der kalten Hand entwinden können.

PS: Wir hätten da noch ein paar kleine Meckereien und Wünsche; vielleicht ruft Herr Schröder uns mal an…

Franz_Michael_klein

 

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Kommentar zu “Auf der Teststrecke

  1. Smartphone-Regen-Angst?
    Aufgrund von schweißtreibender sportlicher Aktivität habe ich mir ein Sony Z1 compact geholt. Wasserdicht, klein und sehr schnell. Auch von der Gälexi-Seite aus gibts da ja was.
    Sicherlich reichen wahrscheinlich auch „Gratis-Apps“, um auch noch einen kleinen „unerwartet verlaufen und erst recht Spaß gehabt -Kribbelfaktor“ zu haben. Grundsätzlich kennen die Karten der Mobilfunkgeräte-Hersteller die Welt ja auch schon ziemlich gut. :-)

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