Wein, der aus der Garage kommt

Von Michael (Text) und Dorothe (Fotos) – „Wein”, sagt Hartmut Bick, „ist meine Leidenschaft.” Doch nur wenige Menschen, und erst recht keine aus dem Ruhrgebiet, treibt ihre Begeisterung so weit, eigenen Wein zu machen. Der frühere Schwelmer ist das, was der englische Rieslingexperte und Weinpunk Stuart Pigott einen Garagenwinzer nennen würde, ein nonkonformer Weinmacher (noch) ohne Weinberg und eigenen Keller, der exzellente Weine in kleinen Mengen produziert, die „Der Barde” oder „Yippie!” heißen. Und eigentlich Journalist.

Eine kleine Werkhalle im südbadischen Efringen-Kirchen: Mit einem Holzschieber stößt Hartmut Bick behutsam die Schalen des Spätburgunders in den gärenden Most. MGL_Bick_453Die Trauben von 40 Jahre alten Rebstöcken hat er von jemandem gekauft, der weiß, was er im Weinberg tut. Der Bottich aus grünem GFK fasst ungefähr 1000 Liter Maische, „genug, um drei gebrauchte Barriques zu belegen”, sagt Hartmut. Reich werden kann man damit nicht.

„Ein Risiko war es nicht”

Aber Bick ist im Hauptberuf Journalist, ein früherer Kollege von uns Schlenderern, hat Filme und PR gemacht und und arbeitet heute frei unter anderem für den WDR und Sportschau.de. Als er, 38-jährig, 2003 eine Winzerlehre antrat, war er auch kein Aussteiger, sondern hat beide Berufe ganz solide parallel betrieben. „Es gehört schon Mut dazu, aber ein Risiko war es nicht, weil die Redaktionen sehr viel Verständnis für mich aufbrachten”, sagt er.
Hartmut_Bick21Gab es einen Anlass, das Weinmachen zu erlernen? Einen Anstoß – eine Flasche 86er Calon-Ségur aus St. Estephe – gab es wohl, aber die Begeisterung ist über die Jahre gewachsen. Ich mag es draußen in der Natur zu sein und körperlich zu arbeiten, zu sehen, wie etwas entsteht”, sagt Hartmut. Derzeit sucht er eine eigene Parzelle, denn die Arbeit im Weinberg macht mir am meisten Spaß, sagt er.

Die Leidenschaft beeindruckte Werner Näkel

In Werner Näkel fand er einen der besten deutschen Lehrherrn. Nach einem Praktikum hatte er den Rotweinpapst von der Ahr überzeugt („hartnäckig genug und nicht zu dumm angestellt”), außerdem hatte Näkel die besagte Leidenschaft beeindruckt: weiter als Journalist arbeiten und eine Lehre machen und sich den Schul-Lehrstoff abends selbst aneignen. Überdies ist Bick auch noch ausgebildeter Lehrer, wie Näkel.Bick_Wein

Sein erster Lehrmeister stand indirekt auch Namenspate für Bicks ersten eigenen Wein, „Der Barde”, eine ironische Anspielung auf die vermeintliche Schwärmerei, die Näkel seinem Lehrling unterstellte. „Später hat er mich beiseite genommen und gesagt: Ich hätte nicht gedacht, dass du durchhälst. Ich habe geglaubt, du bist ein Romantiker mit der Vorstellung, im Weinberg wird nur Wein getrunken und einer spielt Gitarre dazu.”

„Ich mache Wein eher aus dem Bauch heraus”

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Über eine Zwischenstation bei Heymann-Löwenstein ist Hartmut Bick 2006 (als Teilzeit-Winzer und mittlerweile halbes Familienmitglied) bei dem Badener Shootingstar Hanspeter Ziereisen gelandet. „Seine Weine sind sehr speziell, sie haben mir immer schon gut gefallen.” Wie Ziereisen baut auch er seinen Wein aus: Spontanvergärung, langer Kontakt mit der Maische, gelegentliche Pigéage – Unterstoßen des Hutes -, langes Hefelager, Belegung von gebrauchten kleinen Eichenfässern, unfiltrierte Abfüllung.

Mit dem Stoff trinkst Du dir die ödeste Wanderstrecke schön!

Der Stoff schmeckt richtig, richtig gut! Als erstes fällt einem spontan ein: Dieser Wein kann sich mit den Erzeugnissen der besten badischen Winzer messen (da rücke ich auch nach mehrmaligem Verkosten und Gegentesten nicht von ab!). Gute Tannin- und Säurestruktur, balanciert und weich, vielschichtige Anklänge, unterlegt mit einer feinen Süße, die man wohl nur auf den Extraktgehalt zurückführen darf, ein Burgunder. Bick_Wein1Die Farbe „nur” rubinrot, weil: „Ich bin nicht so ein Extrahierer und intellektueller Weinmacher”, meint Hartmut, „ich mache Wein eher aus dem Bauch heraus.” Dem Bauch, pardon, dem Herz, ist die Edition „Mémoire de Malou” gewidmet. Ein reifer Barde aus dem Jahrgang 2009, zu Ehren an Hartmuts verstorbene Boxerhündin umbenannt. Ein neuer Stern am Hundehimmel.

Bleibt die Frage: Warum machst Du Wein nicht hauptberuflich? „Ich mag es so, wie es ist: den Mix aus beiden Welten.”

PS: Franz, irgendwann packen wir mal ne Flasche Bick in den Rucksack; damit trinken wir uns garantiert die ödeste Strecke schön…

Bezug:
Weinmanufaktur Bick: www.derbarde.biz
Weinhandel Fehrmann, Brühl

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