Schloss-Runde

Von Michael (Text) und Franz (Fotografie) – Es ist niederträchtig, dieser Wanderung rund um das Schloss Cappenberg schon vorab jenes Etikett zu verpassen, mit dem die Meteorologen im Radio gerade die aktuellen Wetteraussichten umreißen: trocken und grau (*siehe Anmerkung unten). Ja, auch so können wir sein (ich, Franz weniger). Aber geben wir der Strecke die Chance, unsere Vorurteile zu widerlegen. Zwei Stunden Zeit hat sie dazu.

Eigenartig. Was sich manche Stadtväter bei der Ausschilderung ihrer Straßen denken. „Lünen. Lebendige Stadt an der Lippe”  lesen wir auf einer Tafel auf der Anfahrt, unmittelbar gefolgt von dem Hinweisschild: Kommunalfriedhof. Sehr amüsant, diese Dialektik von Sein und gar nicht mehr Sein. Gleichviel. Außerdem wollen gar nicht auf den Stiefelhügel von Lünen, sondern zum Parkplatz am Schloss Cappenberg.

„Es ist verboten, außerhalb der befestigten Wege…”

Von dort aus steigen wir direkt in „das größte zusammenhängende Laubwaldgebiet im Kreis Unna” ein, wie eine Info-Tafel weiß, nämlich in die Waldflächen bei Cappenberg. Schon nach wenigen hundert Metern auf dem Weg X14 beschleicht uns die Gewissheit, dass Wandern hier eine ziemlich rechtwinklige Angelegenheit ist. Pythagoras hätte vermutlich seinen Spass daran gehabt, für die hochherrschaftlichen Besitzer die Sichtachsen exakt zu berechnen. Oder hat es mal US-amerikanische Stadtplaner hierher verschlagen, die ihre Gitterstruktur über den Cappenberger Wald stülpten? Die Wege sind breit, von Pappeln und Ebereschen gesäumt, topfeben und meist gerade, und vermitteln dem Wanderer den Eindruck, er sei auf dem Weg zu einem dringenden Termin. Uns fährt im gleichen Moment der selbe Gedanke durch den Kopf: Was soll ich denn hier fotografieren, bzw. worüber soll ich schreiben?

Der Duft frisch aufgebrochener Erde

Linksschwenk, Marsch! auf den Wanderweg A2. Warnschilder halten uns ab, Ausfälle auf Trampelpfade zu machen: „Es ist verboten, außerhalb der befestigten Wege…” Hinter Cappenberg nehmen wir Kurs auf die Hütte des Lüner SGV. Ein Bauer pflügt seine Scholle und verbreitet den Duft frisch aufgebrochener Erde. Unterwegs dürfen wir auch mal auf einen Weg ins Unterholz respektive in echten Wald. Aber schon bald hat uns die Uniformität der linealgeraden Wegeführung wieder. Was soll man bloß einem Kind erklären auf die Frage „Wann sind wir endlich da?”, wenn das arme Kind die Antwort selbst in weiter Ferne sieht? Außerdem ist es im verträumt wirkenden Münsterland so topfeben, dass man mittags schon den Abend anbrechen sieht.

Barocke Klosterbaukunst

Dann sind wir zurück am Schloss, eine stattliche, eichengesäumte Allee führt uns mitten darauf zu, ein Musterbeispiel westfälischer barocker Klosterbaukunst. Die nötigen Hintergrunddetails zur Geschichte von Schloss Cappenberg gibt es hier, wir wollen auf den Wasserturm steigen, um uns einen standesgemäßen Rundblick zu verschaffen. Doch der Münzautomat nimmt unser Geld nicht, das stählerne, deckenhohe Drehkreuz bleibt verschlossen und unverrichteter Dinge drehen wir eine Runde um die Stiftskirche St. Johannes Evangelist, vorbei am modernen Bau des Theaters Cappenberg, bewundern eine der mächtigsten Platanen, die uns je unter die Augen gekommen ist, und schnuppern am weihrauchgeschwängerten Chorgestühl im Innern der Kirche. Gastronomie? Gibt’s auch, und zwar standesgemäß: ge(schloss)en.

War das jetzt alles zu sarkastisch?

Wir verweisen mal auf die nachfolgende Anmerkung.

* Die Natur kann natürlich nichts dazu, wenn das Wetter mal nicht nach dem recht willkürlichen Geschmack unten zu sehender Herren ist und sie sich unterfordert fühlen. Außerdem ist trocken und grau besser als nass und matschschwarz. Rund ums Schloss Cappenberg empfiehlt sich als schöne Wanderung für Menschen, die null Steigung, wenig Aufregung und noch weniger Anstrengung mögen. Das Schloss an sich ist einen Ausflug wert, wenn man in der neuen Gastronomie Alte Kegelbahn, in der Weinstube des Grafen Kanitz mit seinen Rheingau-Rieslingen einkehren oder eine der Ausstellungen besuchen kann oder im Sommer das renommierte Musikfestival. Wer zu früh kommt – wir an einem Montag – den bestraft das Leben mit einem Ruhetag; die anderen besuchen Schloss Cappenberg dienstags bis sonntags in der Zeit von 10 bis 17 Uhr.

Franz_Michael_klein

 

 

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