Höhen und Höhlen

Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – Reckenhöhle, ein Begriff, wie für uns gemacht. Zwei von den Schlenderern weisen mehr als Gardemaß (1,88 m) auf, der andere nur wenig darunter. Das heißt an diesem Tag: mehr als einmal in den niedrigen Gängen ducken.

Allerdings, sagt Torsten Müller, unser Führer durch die Höhle in Binolen im Hönnetal, hat die Namensgebung einen anderen Hintergrund, davon später mehr.

Mit einem Schlüssel, zwei Fäuste lang, öffnet Müller das schwere Holztor in die Unterwelt. „Die Tropfen an den kleinen Wölbungen an der Decke bitte nicht berühren“, sagt er. Es dauere bis zu 30 Jahre, bis sich wieder ein neuer Tropfen aufbaue. Die Höhle schwitzt bei einer konstanten Temperatur von 9 Grad und einer Luftfeuchtigkeit weit über 90 Prozent langsam, Tropfsteine nehmen sich halt alle Zeit. Dieser Stalagmit könnte 3000 bis 4000 Jahre alt sein, weist Müller auf einen armdicken Tropfstein.

Ein Hirsch und Engelsflügel

Tropfsteine zu betrachten heißt: Phantasie mitbringen. Jene Skulptur da sei ein Hirsch; allerdings einer mit zahlreichen Läufen. „Oder er steht hinter einem Zaun“, lächelt Müller. Die Sintergardinen dort könnten Engelsflügel sein, diese zahnartigen Verdickungen eine kostbare Perlenkette. Nichts muss, alles kann, dem flinken Geist stehen alle Bilder offen.

Nun aber zum Namensgeber der Höhle. Entdeckt wurde sie 1888 von Franz Recke, der a) aus Spalten aufsteigende Wasserdämpfe beobachtet hatte (siehe Wikipedia), oder b) einen Fuchs verfolgte, der auf seinem Hof wiederholt Hühner und Gänse gerissen hatte. Der listige Jäger verschwand in einer Felsspalte, ein hinterher geschickter Dackel kam nicht zurück.

Die Gänge waren voller Lehm und Schlamm

Nach der Entdeckung der insgesamt mehrere Kilometer langen Gänge in der devonischen Massenkalksenke des Hönnetals dauerte es bis 1924, ehe die ersten Besucher eingelassen werden konnten. Die Höhlengänge standen voller Lehm und Schlamm, der abgetragen werden musste und als mineralreicher Dünger auf die umliegenden Felder kam und gute Ernten besorgte. „Meist wurde bei der Erschließung der Höhle auf technisches Gerät verzichtet, um die Einzigartigkeit der Natur zu bewahren“, sagt Torsten Müller.

„Da liegt die Rente drin“

Was Dunkelheit in einer Höhle heißt, zeigt er uns mit einem Schalterdruck: Licht aus, sehr, sehr schwarzes Schwarz umhüllt uns. Professor Nachtigaller (aus dem Buch von Walter Moers: Die 13½ Leben des Käpt’n Blaubär) würde diese Dunkelheit gefallen; möglicherweise gäbe er dann seine Versuche auf, Schwarz noch schwärzer zu machen. Dunkelheit aus, Spot an, die Helligkeit fällt auf die „Kapelle“, ein kirchenartiges Gebilde, dass die Besucher als Wunschbrunnen nutzen und Münzen hineinwerfen. „Der Chef flachst: Da liegt die Rente drin“, erzählt Müller. Das „Kleine Dorf“, eine Sinterterrasse, erweckt Assoziationen zu den Kalkstufen im türkischen Pamukkale. Im schönsten Bereich der Reckenhöhle mit zahlreichen Tropfsteingebilden steht der größte Stalagmit, der von oben mit einer wasserführenden Röhre quasi zwangsernährt wird. Wer heiraten will, kann hier einen Sektempfang abhalten und anschließend im benachbarten Haus Recke Hochzeit feiern.

Auf den Höhen des Balver Waldes

Aus der Höhle auf die Höhen. Von Binolen aus folgen wir einem Teilstück der Waldroute, zunächst durch Wiesen mit hüfthohem Gras, in Sanssouci biegen wir auf den X1 ab. Lauschige Wege, die ersten Stinkmorchel, ein Mairitterling, das Summen der Bienen in den Himbeeren. Oben auf den Höhen des Balver Waldes Ruhe, Einsamkeit, Bei-sich-sein, Waldbaden. Ja, echt jetzt: Forest bathing is the next Big Thing des Wanderns. Erfunden haben es die Japaner (Shinrin-yoku), erste kontinentaleuropäische Ausläufer wurden in Kärnten und im Taunus gesichtet. Man muss dabei keine pickelige Fichte umarmen, sondern in den Wald eintauchen und in seiner Luft baden. Soll Stress abbauen und der Gesundheit förderlich sein, was dieSchlenderer als Portal für Wohlbefinden ausdrücklich bestätigen können.

Ein gähnender Schlund: die Feldhofhöhle

Zum Schluss noch ein Schlenker hier und da (Umbenennen in dieSchlenkerer?), ein gähnender Schlund, die Feldhofhöhle, in der vor 100.000 Jahren Nenadertaler lebten, die sieben Jungfrauen, eine markante Silhouette im Hönnekalk, und ein Kalauer. Der Name des kleinen Balver Ortsteils geht auf eine verschmierte Nachricht eines Katasterbeamten an seinen Kollegen zurück: „Bin (unleserlich: Bierh) olen“

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2 Kommentare zu “Höhen und Höhlen

  1. Wen es interessiert: Bei uns nahe Lörrach, in Hasel gibt es die Erdmannshöhle mit ähnlichen Abmessungen wie die in eurem Bericht. Vor zwei Jahren wurde eine neue LED-Beleuchtung installiert. Wunderbare Bilder und einen Film könnt ihr auf „http://www.gemeinde-hasel.de“ ansehen.

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