Kneippkur an der Ruhr


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Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – John, John, John, was hast Du mir nur angetan? Es pfeift und ächzt in der Wampe von all den delikaten Lasten, die Du an Silvester auf meine Hüften gehievt hast. Da kommt der Kneipp-Wanderweg rund um Bigge-Olsberg mehr als recht.

Nach dem Start zwingt uns die Ruhr zu einer kleinen Kurskorrektur: Hochwasser, und: Durchgang verboten! Also schlockern wir durch Bigge, an der Kirche St. Martin mit einem großen und einem kleinen Glockenturm vorbei. Kurz vor dem westlichen Ortsausgang entdecken wir ein naturwissenschaftliches Phänomen, ein Bach, der nach zwei Seiten fließt. Muss man sich vorstellen wie ein T-Stück, in dem der Zufluss nach links und rechts abgeleitet wird. Da hat natürlich der Mensch seine Hand im Spiel.

Schwellend der Leib

Auch die Ruhr hat über die Feiertage zugelegt. Schwellend ihr Leib, ihr Körper breit (fällt wem die Analogie auf?), ihre Fluten wälzen sich auf Wiesen und Wege. Das mit dem Kneippen, Wassertreten und so, können wir uns also klemmen.

Dann geht es berghoch und das Silvestermenue bei John Cannizzaro ruft sich in Erinnerung. Frischer, leicht marinierter Lachs, der auf der Zunge schmilzt wie Schokolade, nur mit einer salzigen Note, passierte Linsensuppe mit gegrilltem Hummerschwanz und Gemüse-Brunoise, sahnige Lasagne mit Trüffeln, ein sensationelles Filet und als Abschluss ein süßer Ziegel aus Ricotta und einer Schoko-Ganache. Uff!

Burglind hat eine fette Fichte gefällt

Der Boden ist nach den Regenfällen der Vortage nass und mastig und saugt sich bei jedem Schritt an den Schuhen fest, der „Langer Berg“, ein Bergrücken oberhalb des Doppelortes, lässt uns nicht los. Äh, muss es hier nicht zwingend „der Lange Berg“ heißen? Wir sind ja nicht in Köln, wo sie mit klüngelhafter Borniertheit – vorwiegend in Radioreportagen „Wir stehen hier auf dem Alter Markt…“ die Beugung des Namens verweigern. Besteht Verwechslungsgefahr mit dem Langenberg, der höchsten Erhebung Nordrhein-Westfalens? Jedenfalls weht es auf 550 Metern Höhe schon heftig. Hier und da liegen Opfer der Gewalt von Burglind neben dem Weg, selbst eine fette Fichte hat es gefällt.

Der Maxstollen ist 142 Lachter lang

Auf einem Teilstück des Gewerkenweges erinnert eine Geostation an die Bergbaugeschichte des Sauerlandes. Von dem alten Stollen aus dem Jahr 1549 ist nichts mehr zu sehen, das Mundloch ist verschüttet. Weiter bergab liegt der Maxstollen mit einer Länge von 142 Lachtern (1 Lachter = 2,092 Meter ergo 297 Metern). Schön zu wissen. 1794 reiste der Kurfürst des Herzogtums Westfalen, Erzbischof Maximilian Franz von Bayern an, um beim Anschlagen des Erzganges zugegen zu sein. Auch heute steht hoher Besuch an, schließlich ist der Lange (Franz) fast 2 Meter groß! Die Rotfärbung der Erde und der Steine lässt auf Eisenerz schließen, das hier gefördert wurde. Im Jahr 1879 erreichte die Förderung in der Grube „Briloner Eisenberg“ 17.103 Tonnen, 1916 waren die Lager an Roteisenstein ausgebeutet.

Die Natur hält mich am Leben

Im weiteren Verlauf unserer Wanderung folgt eine Bank, die, um es mal im Politikersprech auszudrücken, „alternativlos“ ist. Wir buttern und trinken honiggesüßten Tee und sinnieren, warum wir diesen ganzen Scheiß hier machen. Eine der Antworten darauf hat unser beiden Lieblingsautor T.C. Boyle, der sich selbst als Naturfreak bezeichnet. In einem Interview mit der taz vor Weihnachten entgegnete er auf die Frage, ob ihm sein Gott, die Natur, beim Schreiben helfe: „Sie hilft mir nicht beim Schreiben, sie hält mich am Leben. Sie erinnert mich an tierisches Leben und daran, dass tiefer Frieden darin liegt, keine künstlichen Geräusche zu hören.“

Zum Schluss noch einmal alternativlos: das Café Hagemeister in Olsberg. „Ja, da geht das Herz auf“, freut sich die Verkäuferin hinter der üppig und cremig beladenen Kuchentheke, an der wir uns fast die Nasen plattdrücken und zustimmend nicken. Cappuccino dazu wärmt den Herzbeutel, draußen zischt die Ruhr vorbei.

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