Zum blauen Akku

Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – Schon ein hochherrschaftlicher Einstieg in eine Wanderung, dieses schmucke Wasserschloss! Das gut erhaltene Bruchsteingebäude am Ortseingang von Lenhausen wird von einer Gräfte umfasst, die von einem Abzweig des Fretterbaches ständig mit frischem Wasser gespeist wird. Das Ensemble ist seit Jahrhunderten Stammsitz des westfälischen Adelsgeschlechts derer von Plettenberg-Lenhausen, und von dort nehmen wir unsere Tour zum „blauen Akku“ des Sauerlandes in Angriff.

Die „Wand“ ist anspruchsvoll

Angriff ist auch das passende Wort, denn vom Wasserschloss aus verlangt einem der Hohle Weg gleich viel ab. Nach knackigem Anstieg biegt der Sauerland-Höhenflug nach rechts ab in die „Wand“, wie sie von den Elsper Mountainbikern respektvoll genannt wird. Hier musst Du immer Steigungen kurbeln, fast ohne Unterlass, bis Du nach rund 450 Höhenmetern beim Oberbecken angekommen bist. Schon im unteren Teil saugt dichtes, tiefes Gras deine Reifen förmlich an und Du hast das Gefühl, auf der Stelle zu kleben. Komisch, zu Fuß fühlt sich der Weg nicht soo steil an.

Walderdbeeren und Holunderblüte

Der Ehrenfriedhof hinter den Häusern zeugt von dem Wahnsinn der Weltkriege. Einzelgräber führen uns die große Zahl der Opfer vor Augen, die der 2. Weltkrieg aus diesem kleinen Sauerlandort forderte. Wir wenden uns aktuellen Dingen zu: den ersten Walderdbeeren an der Böschung, der Holunderblüte (Zeit, Gelee zu machen!) und viel Digitalis aka Fingerhut. Und ob ihr’s glaubt oder nicht, am Vorwochenende habe ich Nähe des Grevenbrücker Sportplatzes in einem Eichenhain den ersten Hexenröhrling gefunden. Nicht ungewöhnlich, weiß Wikipedia, die ersten Funde wurden sogar schon mal im Mai gemacht.

Franz pornoramt das Sauerland

Endlich oben! Und Enttäuschung: Das Oberbecken des Pumpspeicherwerkes ist fast leer, ein paar Pilleentchen dümpeln tief unten auf der Restwasseroberfläche. Also drehen wir uns um und widmen unsere Aufmerksamkeit erstmal dem Sauerland, das man von einer Dammkronenhöhe von 572,10 Metern super überblicken kann. Franz pornoramt Landschaft, was der Speicherchip hergibt, bis Inspekteure des Betreibers Mark E unseren Weg kreuzen, die an diesem Tag dem Speicher auf den Grund gehen wollen.

950.000 Kubikmeter „Pendelwasser“

Der Betreiber Mark E erzeugt hier oben auf dem Dahlberg Strom zur Abdeckung von Spitzenlasten, indem er bei Bedarf rund 950.000 Kubikmeter „Pendelwasser“ durch einen 900 Meter langen Druckstollen 300 Meter tiefer auf zwei Francisturbinen ablässt. Nachts, wenn der Strom auf dem Markt preiswerter ist, schaffen Pumpen das Wasser wieder bergauf. Einfach gesagt, finanziert Mark E diesen „riesigen Akku“ und die Stromerzeugung durch die Differenz der Preise von Tag- und Nachtstrom. So war es in der Vergangenheit. Jetzt sind es schwierige Zeiten für Energiewirtschaftsunternehmen, sagt der Experte. Der subventionierte Solar- und Windenergiestrom, der tagsüber ins bundesweite Netz drängt, treibe die Kurse auf dem Strommarkt. Ironie der Geschichte: So gräbt eine junge grüne Energieerzeugungsart einer alten grünen – das Pumpspeicherwerk ist seit 1969 in Betrieb – das existenzielle Wasser ab.

Die Dammkrone bekommt eine Wasserschutzmauer

Dennoch soll der Pegel im Oberbecken steigen, erläutern die Männer. Dazu ist aber keine Erhöhung der Dammkrone nötig, es wird einfach mehr Wasser ins Oberbecken gepumpt. Zur Sicherheit muss aber die 1292 Meter lange Krone komplett mit einer Wasserschutzmauer versehen werden, für den Fall des Falles. „Ein Sturm etwa könnte aufgepeitschte Wassermassen über die Dammkrone spülen“, sagt der Mark-E-Mann. Der Damm würde quasi von hinten beschädigt. 2017 soll die Mauer stehen.

Ein 66-er Fendt knattert heran

Wir drehen eine Runde ums Becken und haben es dann leicht: Nach Ostentrop runter kann man es gut rollen lassen. Am Ortseingang knattert ein freundlicher Landwirt mit einem alten, restaurierten 66-er Fendt „Farmer 3 S“ heran, der uns in der Folge die Treckerhistorie seines Hofes erzählt. Wir kennen jetzt alle Ahnen des alten Fendt und in welche Nachbarorte seine Vorgänger verkauft wurden.

Über Schönholthausen steuern wir zurück nach Lenhausen. Viel und schöne Gegend hier und wenig los. An einem Unterstand des SGV Lenhausen, geschmückt mit Bux und Petunien, legen wir einfach mal wieder eine Pause ein. Weil wir das können. Zurück am Schloss schauen wir dem Fretterbach hinterher. Regenbogenforellen jagen durchs Wasser, eine blaue Prachtlibelle steuert Blüten am Ufer an und der Bach riecht, wie ein Bach riechen muss.

Franz_Michael_klein

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