Mal eben die Welt retten

Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Planetenroute, Sternenweg – klingt nach Streckenbezeichnungen, die unseren wandernden Astralkörpern endlich mal gerecht werden. Die Wanderungen finden sich allesamt um das, Achtung, „Sternendorf“ Meinkenbracht, und Franz hat sie zu zwei Schleifen zusammengelegt.
Das Örtchen im Sauerland ist ein Sternendorf, weil man von der Hochebene nachts einen von Lichtverschmutzung unverstellten Blick auf das Firmament hat. Am Wegesrand stehen Schilder, die auf Sternbilder oder die Planeten hinweisen. Zum Beispiel auf den Saturn. 840 Erdkugeln hätten Platz im Saturn, sein Licht benötigt 80 Minuten bis zur Erde.

Im Nieselregen durch die Pampa

Das ist, so wird es erläutert, als ob Schüler das Licht im Klassenraum zum Unterrichtsbeginn einschalten und es erst gegen Ende der zweiten Stunde angeht. An dunklen Freitagen hieße das, der Lehrer bemerkt erst nach gut zwei Stunden, dass ihr zum Streiken gegangen seid, hihihi.
Wir trotten jetzt erst mal im Nieselregen durch die Sauerländer Hochpampa. Es ist arschkalt und ungemütlich, aber alles ist relativ, nachdem wir einen Blick auf die Erklärtafel des Neptun geworfen haben: Stürme bis zu 2100 km/h, Temperaturen bis zu minus 201 Grad. Also freuen wir uns über muckelige 3 bis 4 Grad auf der Erde.

Die Wälder dampfen wie nach einem Saunaaufguss

Apropos Klima. Die Wälder um uns herum dampfen wie nach einem Saunaaufguss, und da macht es Pling! Meine Nichte und ihr Mann senden per WhatsApp Fotogrüße von Tahiti. Muss ich mir Sorgen machen? Die beiden jungen Menschen stehen jetzt doch bestimmt auf der schwarzen Liste der Streikenden von Fridays for Future, bei dem CO2-Ausstoß, den sie auf ihrer Weltreise fabrizieren. Da meldet sich der große Wissensspeicher von der Festplatte. Nicht so schlimm, Luisa Neubauer, Galionsfigur der deutschen Streikbewegung, hat den Globus auch umfassend bereist, flüstert er. „Rettet die Welt, aber erst, nachdem ich sie gesehen habe“, werfen ihr Kritiker vor.

Bildung ist nicht selbstverständlich

Streiks um Lohnerhöhungen sind spätestens nach drei Monaten über die Bühne. Aber wie lange wollen die Schüler noch auf Bildung verzichten? Als ob es einen Schalter gäbe, den man nur umzulegen brauchte, um die Erde nach ein paar Monaten Streik zu retten, dafür dauert der Klimawandel zu lange. Bildung, erinnern sich die Älteren unter uns, war Anfang 1900 beileibe kein Selbstverständnis, und noch heute wird um eine gerechte Bildung für alle gestritten.

Zweidays for future

Erduntergangsprophet Franz sieht das naturgemäß anders und den baldigen Tod des Planeten nahen. Der Erde ist das, glaube ich, scheißegal, was die Menschen unternehmen, ihren eigenen Untergang einzuleiten. Sie hat in Jahrmillionen Kometeneinschläge, die Dinosauerier, Eis- und Warmzeiten überlebt und wird sich auch ohne Menschheit und Atmosphäre weiterdrehen. Es geht um uns, und so hoffen wir, dass die Jugend bald neue Wege finden wird, die Mächtigen der Welt von der Dringlichkeit ihres Anliegens zu überzeugen. Die Kreativen um den Polit-Satiriker Martin Sonneborn von „Die Partei“ wissen auch schon wie: freitags und montags streiken, eben „Zweidays for future“.

Die Seele sauber laufen

Als Frontmännner der Politik-Erklär-Plattform DieSchlenderer haben wir jetzt vor lauter Erklärerei nur am Rande mitbekommen, dass eine große, granitene Sonnenkugel vor dem Friedhof in Meinkenbracht den Anfang des Planetenweges markiert und wir in ein schönes, ruhiges Seitental geraten sind. Sanftheit, geschwungene Hügel, Stille außer dem Zirpen und Fiepen der Vögel, der Seilbach drängelt sich durch die Wiesen und wir halten mal die Klappe.
Was nehmen wir von der Wanderung mit, die dunkle Seite:
„Wir laufen durch ein graues, tropfendes, nach Gülle stinkendes und dem Untergang geweihtes Sauerland“
oder die helle:
„Wir haben uns mal wieder die Seele sauber gelaufen“
oder c)?:
„Schön, dass wir uns so gut streiten können.“ (Franz)
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