Champagner!-Strecke

Von Michael (Text) und Franz (Fotografie) – Wenn ein Schlenderer (Franz) wieder in die Schneeschuhpuschen möchte, der andere (ich) lieber nicht, dann, ja dann gehst Du halt ohne Schneeschuhe, aber trotzdem auf viel Schnee. So was nennt man Kompromiss – wir sind schließlich die Seite für austarierte Wanderwünsche, und so folgte eine Champagner*-Tour zum Langenberg mit Eindrücken von Frische und Lebendigkeit, die dich ganz rauschig machten.

Aber erst einmal müssen wir was erzählen zum Langenberg. Als Berg hast Du ein Riesenproblem, wenn Du nur einen verkümmerten Gipfel hast. Berge protzen nämlich wie Männer mit ihrer Potenz. Der eine hat den wildesten Gipfel, der andere den schneidigsten Aufstieg, wieder ein anderer die weiteste Weitsicht und so fort und das macht den Langenberg zu einer traurigen Figur, weil er von all dem nichts vorweisen kann. Außer die meisten Komplexe, aber damit kannst Du unter kernigen Berg-Stenzen imitschmäßig nichts reißen. Der Langenberg noch nicht einmal mit seinem Alleinstellungsmerkmal, dass er der höchste Berg Nordrhein-Westfalens ist (843 Meter, höher als der Kahle Asten!). Aber pass auf: Was nutzt Dir die höchste Höhe, wenn Du als Berg ausschaust wie ein umgefallener Sack Mehl, dessen breiter Rücken schon Moos (sprich: junge Fichten) angesetzt hat und es somit auch Essig ist mit weit gucken. Du bist selbst für Naturheilkundler ein hoffnungsloser Fall.

„Sie wollen den Altweibern entfliehen”

Warum, zum Teufel, suchen wir uns ausgerechnet so einen Langweiler aus? Weil an diesem Tag, Altweiberfastnacht, dort oben mit SICHERHEIT NICHTS LOS sein wird.

Die fesche Sauerländerin, die uns auf dem Kirchparkplatz in Bruchhausen ansprach, muss unser Vorhaben geahnt haben. Frauen gleich Männer- gleich Bergversteher: „Sie wollen den Altweibern entfliehen. Auf dem Langenberg sind sie sicher nicht”, sagte sie. Nun haben wir keine Probleme mit Frauen, eher schon ohne sie, aber Franz und ich sind die „Alleiner” (danke, Franz Müntefering!) unter den Wanderern.

Vermutlich der letzte schöne Winterwandertag

Also, Bruchhausen, Start bei der Hütte der Dortmunder Sektion des Deutschen Alpenvereins, kurz darauf rechts rein über den Rothaarsteig in eine Winterwonderworld. Kristallblauer Himmel, -2 Grad, und Frau Holle hat mit eisigem Atem die Natur mit Eisnadeln überzogen. Dort, wo die Sonne durch frühe Einstrahlung Kraft aufgebaut hat, geht der Raureif wieder in den flüssigen Aggregatzustand über. Wir haben aber ein Riesenschwein, dass der (schätzungsweise 30-40 Zentimeter hohe) Altschnee vereist und die Strukturen tragfähig ist und außerdem ein Tourenskifahrer zuvor den tagsüber weichen Schnee gespurt hat. Je höher wir steigen, desto tiefer brechen wir ab und zu in Verwehungen ein. Bald folgen wir nur noch der Spur eines Schneeschuhträgers durch eine irre schöne Landschaft. Der Tag, vermutlich der letzte schöne Winterwandertag, belohnt uns mit Bildern, für die Kristallwelt nur Hilfsbegriff ist. Harsch und Eis vor uns reflektieren die Sonne, die ungehindert strahlt. Die Landschaft wirkt wie mit Eislackweiß überzogen. Am Boden zeigt der Winter noch Gegenwehr mit Eisrippen und -knochen; von oben schütteln die Fichten ihre Last ab. Also weg mit dem Überzeug! Funktionsshirt und leichtes Fleece reichen (Franz geht immer 4-lagig).

Und dieses Licht!

Kurz vor dem Langenberg der Höhepunkt (Langweiler haben halt ein schlechtes Timing) der Strecke: In einem Wäldchen mit vier, fünf Meter hohen Fichten hat der Winter bizarre Skulpturen aus windverpresstem Schnee und Eis modelliert. Massige weiße Panzer drücken die Äste herunter, einzigartige Verwachsungen aus Eis und dieses Licht! schwärmt Franz; und wem haben wir das zu verdanken? Dem Problemberg unter den 1000 Sauerländer Hügeln. Bei „Südseetraum“-Tee und schmelzigen Schoko-Cookies (nicht im Bild) und der am schönsten/meisten vereisten Bank können wir ihm sogar einen Superlativ abgewinnen: höchstgelegener Platz fürs Aprés-Wandern. Wir inhalieren die belebenden Eindrücke, lassen die Sonnenultras unsere Falten gerben und wanken bildertrunken nach Bruchhausen zurück.

Zum Schluss auf die Bruchhauser Steine

Die Strecke via Skigebiet Sternrodt ist sogar geschoben, bzw. planiert von einer Pistenraupe, später brutal von einem Traktor. Immer wieder haben wir gute Weitsicht, zuletzt kurz vor Bruchhausen auf das Dorf und seine attraktiven Lavafelsen, weshalb Franz alsbald quengelt. Er will ein Räppelchen, hoch auf die Bruchhauser Steine. Mann, haben wir auf dieser Superqualitätspremiumwandertour nicht schon genug gesehen?

*Winzersekt-Strecke klingt nicht so gut, aber das Zeug schmeckt uns besser als die französischen Pullen und sind für 1/3 des Preises zu haben.

Franz_Michael_klein

 

Die Strecke wurde teilweise aufgezeichnet mit der App outdooractive und von Hand nachgeführt:

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2 Kommentare zu “Champagner!-Strecke

  1. Alaaf liebe Schlenderer, beim Foto Nr. 29 „Wie hat Michael sich wohl aus dieser Lage befreit?“ frage ich mich „Wie ist Michael in diese Lage gekommen?“. Ringsum sind keine Fußstapfen zu sehen. Gebt’s zu, ihr habt euch für den Anstieg eines Helis bedient. Michael wurde abgeseilt. Ansonsten wie immer: Auch für mich als Fußfauler sehr lesenswert und mit tollen Aufnahmen garniert. Fotografisch ist der Winter mal wieder ohne Ereignisse an mir vorbeimarschiert.
    Beste Grüße, poddi.
    PS: Wenn mir noch jemand erklärt, warum ich mit meinem Android-Tablet keine Umbrüche in diesem Textfeld machen kann…

    • Hi poddi,
      ist ganz einfach: Du musst nur weite Schritte machen, was bei großn Fias wie unseren kein Problem darstellt, dann sieht’s so aus wie aus der Luft abgeseilt. Ehrlich gesagt, bin ich nur mal kurz links aus der schmalen Spur gestiegen und rein zu Demo-Zwecken eingebrochen. Gottseidank war der Schnee gefroren und meist tragfähig, sonst wäre insgesamt kein Fortkommen gewesen.
      Warum Du keine Umbrüche im Textfeld machen kannst? Keine Ahnung, muss ich mal unsere Datei-Managerin fragen. Aber ich hab da mal zwei Absätze gemacht, in deinem Sinne…
      Eisvogelblaue Grüße an die Erft
      Michael

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