Kein Verlass nicht

Von Michael (Text) und Franz (Fotografie) – Es gibt Tage, die fangen schon gebraucht an. So einer wie dieser, an dem wir von Neheim-Voßwinkel zum ehemaligen Kloster Oelinghausen wandern wollen. Die alte Alu-Trinkflasche mit lustigen Kindermotiven drauf ist undicht. Haarriss oder mürber Stopfen: der Fleeceschal ist nass, Teile des Rucksacks auch. Suuper! bei Temperaturen um 0 bis 0,5 Grad.

Auch der Wanderparkplatz Fünf Eichen, den wir laut Karte ansteuern wollen, ist unauffindbar. Niemand kennt ihn, auch die Voßwinkeler nicht. „Ich gehe hier schon 30 Jahre entlang, aber ein Parkplatz hier?” Mann und Hund schütteln fast synchron den Kopf. Auch die Forstarbeiter im weißen Pickup der Boeselager-Verwaltung, die wir anhauen, gucken uns befremdlich an. Möglicherweise liegt das Ding in einem Paralleluniversum und wir sind nur ins falsche Wurmloch abgebogen. So viel vorab: Orientierungsprobleme sollten uns an diesem Tag noch öfter beschäftigen.

„Wir möchten noch lange wandern”

Aber: wieder mal richtige Natur nach der vergangenen Betontour in Bochum und Witten, und sie enttäuscht uns nicht. Kraniche in rauen Mengen ziehen am Himmel vor uns vorbei, laut lärmend. Hundert, zweihundert? Ein imposantes Schauspiel. „Das war ja schon mal was!” frohlockt Franz. Am Boden überzieht der Frost die Pfützen mit ersten hauchdünnen Eisfolien.

Wir vertiefen uns in das Gelände und ins Gespräch. Bücher und son Zeugs. auch Rückblick, Bewertung von Geschehenem, wo an welcher Weggabelung des Lebens bist Du falsch abgebogen, hättest Du es besser machen können? Kann gut sein, dass da zwei alte Säcke leise moppernd durch den Wald gestiefelt sind. Und darüber vergessen haben, an der richtigen Abzweigung im aktuellen Leben den Blinker zu setzen. Verhauen (sieht man in der Kartendarstellung an den Sackgassen), verwandert, und nicht nur ein-, sonder dreimal!

Die Menschen schütten dem Herrgott ihr Herz aus

Pinkfarbene, verblühte Pfaffenhütchen vor erdbrauner Scholle und die Stille, die über der herbstlichen Landschaft liegt, mildern den Unmut. Wieder hören wir Kraniche, die am Horizont kreisen und einen Bart, einen Aufwind, suchen. Wir wuchten uns einen sehr steilen Knapp hoch und blicken alsbald auf Kloster Oelinghausen, ein schönes Anwesen mit Stallungen und Bioland-Bauernhof, das zum Arnsberger Stadtteil Holzen gehört. Ein heißer Kaffee, in deutscher oder italienischer Ausführung, wäre jetzt gut. Aber der adrette Gasthof Danne hat montags und dienstags leider Ruhetag. 

In den würdig-alten Mauern wohnten einst gottesfürchtige Mädels vom unaussprechbaren Stamme der Prämonstratenserinnen, seit 1992 leben in den renovierten Gemäuern, die die Kirche St. Petri Oelinghausen umgeben, Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel. Sie sind genauso gütig wie ihre Vorfahrinnen (ohne Pkw): Eine Schwester im Ornat hält mit ihrem Auto vor der Klosteranlage und nimmt einen Schüler mit.

Die Kirche ist Simon Petrus und der Mutter Gottes gewidmet, ein Wallfahrtsort, wie auch das ausliegende Fürbittbuch belegt. Viele Menschen öffnen sich und schütten dem Herrgott ihr Herz aus, bitten und bedanken sich. Einfache Menschen, die mit einfachen Worten um Beistand bei einer Operation bitten, um Gesundheit für Oma und Opa, oder für ein neues Zuhause für Flüchtlinge. Gerührt halten wir inne.

Den Segen können wir auch gebrauchen

Zuletzt fällt unser Blick auf einen Wunsch von acht Frauen: „Wir möchten noch lange wandern, darum bitten wir”. Das spricht auch uns aus der Seele und auf dem folgenden Teilabschnitt der Strecke können wir diesen Segen gut gebrauchen. Die digitale Kompass-Karte führt uns auf der L537 entlang, auf der gerade eine Menge Lastwagen unterwegs sind. Muss man eine solch befahrene Straße als Wanderweg ausweisen? Wir verfluchen die Kartenzeichner (und tun Abbitte im gleichen Atemzug wg. Fluchens) und danken dem Herrn, dass er uns über den Potsdamer Platz und schöne, ruhige Wege zurück zu unserem Auto führt.

Was lernen wir aus einer solchen Tour? Du kannst dich auf Karten einfach nicht verlassen, auch nicht auf vorgeblich aktuelles digitales Zeugs (Apps und so). Vor allem kannst Du dich auf dich nicht selbst verlassen!

Franz_Michael_klein

Die Strecke wurde aufgezeichnet mit der Kompass-App, Fehler später von Hand korrigiert:

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