Vor der Hacke ist es duster

Von Martin (Fotos und Text) – Samstag mittags, Parkplatz Syburg. Eine Gruppe von Menschen erkennt sich schon an der robusten Kleidung als Besucher des Bergwerks Graf Wittekind. Nach kurzer Zeit taucht auch Herr Bücking vom Arbeitskreis Dortmund (des Fördervereins Bergbauhistorischer Stätten Ruhr) in Bergmannsmontur auf und begleitet uns zum Stollen Nr. 4. Das Einkleiden nimmt dann einige Zeit in Anspruch: Overall, Arschleder (sorry, aber das ist der Fachbegriff), Knieschoner, Akkutasche und Helm mit Lampe werden an uns befestigt – sieht schon sehr nach Arbeit aus.

Plattentektonik bringt es ans Licht

Wir erfahren, dass hier unterhalb der Hohensyburg vom 15. Jahrhundert bis ca. 1900 hochwertige Kohle aus dem Flöz Sengsbank gefördert wurde. Das etwa 60 cm starke Flöz verläuft hier in einem Winkel von ca. 20 Grad gut 10 Meter unter dem Hang, an dem wir stehen. Entstehungsgeschichtlich das älteste, und damit „unterste“ abbauwürdige Flöz, hat es die  Plattentektonik mit viel Geschiebe und Gefalte zusammen mit der Erosion hier an der Syburg ans Tageslicht gebracht.

Genug der Theorie, unsere Gruppe wird zweigeteilt und wir folgen unserem Führer Gustav durch das Mundloch in den Stollen. Gebückt stolpern wir über die Schienen einer winzigen Lorenbahn. Ich hatte wenig Kopffreiheit erwartet, aber so wenig? Wart´s nur ab…

Rutschfahrt ins Dunkel

Nach 20 Metern trifft der Stollen auf das Flöz, rechts und links geht es in die Abbaustrecke. Wohin also? Überraschende Antwort: Gustav hebt ein Gitter an, über das wir gerade gegangen sind und deutet auf das hier 40 cm hohe und einen Meter breite Loch, das schräg nach unten führt. Der Anblick dezimiert unsere Besuchertruppe um 25%; bevor meine Bedenken zu groß werden, schwinge ich mich mit den Füßen voran ins Loch und rutsche auf dem Rücken die Schräge hinab ins Dunkel. Ein wenig Ziehen an den Steinen über meinem Gesicht beschleunigt meine Fahrt (daher also „fahren Bergleute ein“), bremsen kann ich mit den Füßen an den Streben des hölzernen  Ausbaus. Eine gefühlte Ewigkeit später lande ich in einem weiteren Quergang, der Fuchsbaustrecke.

Hier wurde früher die Kohle mit Schubkarren nach draußen gebracht, auf dem Boden verläuft eine in den Stein gehauene Rinne als Führung für das Karrenrad. Dieser Rinne folgen wir nach rechts, weil die Strecke nach links noch verschüttet ist. Da die Bergleute vor 500 Jahren im Schnitt zwei Köpfe kleiner waren als ich, hat ihnen die Stollenhöhe wohl ausgereicht. Mir teilt das Bumsen an meinem Helm in unregelmäßigen Abständen mit, dass ich mich noch tiefer bücken sollte. Doch dieser „komfortable“ Abschnitt endet bald, nun müssen die Knieschoner ran. Auf allen Vieren erreichen wir eine Stelle, die so gerade ausreicht, dass wir uns zu viert zusammen knubbeln und Gustavs Erklärungen lauschen können. Wir löschen unsere Lampen und Gustav zeigt mit seinem Feuerzeug wie wenig Licht die früheren Bergleute mit ihren Öllämpchen zur Verfügung hatten.

Schweißtreibend

Nun kommt der härteste Teil: Wir müssen im ausgekohlten Flöz wieder hoch. Nur dank der auf am Boden befestigten Hölzer haben wir auf der schmierigen Schräge überhaupt eine Chance. Ich bleibe auch noch regelmäßig mit der Akkutasche an den Hölzern über mir hängen, verfluche meine langen Beine und erreiche dann keuchend und nassgeschwitzt wieder die Abbaustrecke. Doch nein, Gustav hat noch einen kleinen Ausflug einen „Bremsberg“ hoch vorgesehen, wo wir dann tatsächlich auch das Grubengold finden. Hier liegen noch einige Hundert Tonnen Kohle. Gustav zeigt wie die Bergleute auf dem Bauch liegend mit der Hacke die Kohle abgebaut haben. Wer also die Mühe nicht scheut…. Mir reicht ein winziger Klumpen als Souvenir.

Nach über zwei Stunden treten wir wieder ins letzte Licht des Tages, verdreckt und ganz schön k.o. Dabei war das nur die Besichtigungstour; die Mitglieder der Arbeitsgruppe schleppen auch noch Werkzeug und Holz in die Stollen und den Abraum aus den verstürzten Strecken wieder raus!

Einen herzlichen Dank an Gustav und seine Mitstreiter!!

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