Gut entlüftet

Von Franz (Fotografie) und Michael (Text) – Das ist kein Wetter für Fönfrisuren, das uns auf der Anhöhe über Leveringhausen um die Ohren braust. Eisiger Wind zerrt am Wanderzeug, fährt durch jede Naht; volles Wintergeraffel anziehen ist Pflicht.

„Musste das ausgerechnet hier sein?“, fröstelt Martin in Richtung des Schlenderer-Kartenwarts. Musste es. Denn Franz hatte in der wunderbaren Wanderkartenwelt von outdooractive.de eine Tour gefunden, die ihn elektrisierte und ihm höchstes Wanderglück verhieß, nämlich über „kaum noch begangene alte Pfade rund um den Balver Ortsteil Garbeck.“ Pfade! Alter Pfad-Finder!!

Das Windrad haut eifrig Wind weg

Es ist immer die Wirklichkeit, die solche blumigen Versprechungen abgrätscht. Wir sind jedenfalls froh, bei gefühlten -5 Grad Celsius von der Höhe ins Tal verschwinden zu können. In unserem Rücken haut das kleine Windrad eifrig Wind weg, was das Getriebe hergibt. Der Boden unter unseren Wanderstiefeln: vor Nässe gesättigt, in den Fahrspuren rinnt uns das Wasser hinterher. Kann man schon verstehen, dass Dr. Felix Brych das Pokalspiel Lotte gegen den BVB abgesagt hat. Wir haben auch was an den Platzverhältnissen hier zu maulen: total unpfadig hier, ey!

Eine Betriebsanleitung für die Wanderung

„Die Tour sollte man nur im Winter machen, denn im Sommer sind die Pfade durch Vegetation äußerst schwierig zu begehen“, doziert Franz aus der outdooractive-Betriebsanleitung für diese Wanderung. Es folgt: eine Teepause im Schneeschauer an einer Station für Leibesertüchtigung im Walde, ergo Vitaparcours, und einem kleinen eingefriedeten Waldfriedhof. Hier liegen 21 „ausländische Zivilarbeiter“ bestattet, die während des II. Weltkriegs „dienstverpflichtet“ waren, lesen wir auf einer Bronzetafel. Mmmh. Nicht nur Gewerkschaften würde solche prekären Dienstverhältnisse als Zwangsarbeit bezeichnen.

„Wir ham ja noch Winter!“

Dann aber! Schmale Spuren, unter anderem durch Kyrillwaldflächen, sind nicht mehr nur kurze Unterbrechungen der Forstwege. Der Untergrund ist saftig, es matscht, gluckst, gluckert und rinnt. Dazu erinnern uns die stürmischen Böen immer wieder daran, welche Jahreszeit ist. „Aber gut, wir ham ja noch Winter“, sagt später auch die nette Mitarbeiterin in der Garbecker Filiale der „Tillmann-Genußbäckereien“, in der wir einen Zwischenstopp einlegen.

Freundlichkeit macht viel wett

Wir haben den kleinen Laden gerade erst betreten, da stellt sie uns ungefragt einen dritten Stuhl zu der zweisitzigen Café-Garnitur (auf Fußballerisch: Laufwege gut antizipiert). Freundlichkeit macht räumliche Enge wett und der Amerikaner ist der beste wo seit Kindheit gegessen. Locker und fluffig, hier beherrscht jemand den korrekten Umgang mit ABC-Trieb und guten Zutaten; früher nahm der Bäcker als Triebmittel Hirschhornsalz, was dem Gebäck einen dezenten Ammoniakduft verlieh. Das Brot hier kann auch nicht schlechter sein. „Wir arbeiten noch handwerklich“, bestätigt die Mitarbeiterin. Ein halbes Graubrot und ein halbes Quark-Dinkelbrot verschwinden im Rucksack.

Draußen fahren uns der Wind und die Kälte wieder in die Glieder, aber wozu sonst ist eine stürmische Wanderung besser geeignet, als Körper und Geist zu entlüften?

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