Herbstblond

Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Dörnholthausen, Nebelung, und wie in einem trüben November ist das Wetter auch: 7 Grad, nieselgrau, bei der Anfahrt über das Hohe Lenscheid fährst Du durch tiefhängende Wolkenbänke und plästernden Regen.
Betriebsmeteorologe Franz hat verwachst, was die Wetterprognose für unsere Tour rund um Dörnholthausen angeht. Vielleicht öffnet sich der Himmel ja noch, meint er. Vielleicht.

„Vielleicht, vielleicht“

Mir kommt bei diesem schicksalsergebenen Stoßseufzer eher eine Songzeile der besten deutschen Band AnnenMayKantereit in den Sinn: „Und dann denk ich, dass es vielleicht, vielleicht, für immer so bleibt.“ Sänger Henning May schätzt aber eher die Chancen ein, mit einem Mädchen für ein Leben lang zusammen zu sein. Das Album „Schlagschatten“ ist unbedingt eine Empfehlung wert, allein für die Lyrics der Band und solche Zeilen wie „Die Vögel scheissen vom Himmel, und ich schau dabei zu.“ Besser kann man Kontemplation nicht in Worte fassen, sagen wir als Portal für achtsames Wandern und innere Einkehr.

Warme Orangetöne

Zurück in die Natur, die das Einheitsgrün ab- und herbstliche Schminke aufgelegt hat. Das Laub der Wälder leuchtet warm in Orange wie die Frisur von Donald Trump, wobei die Blätter natürlich nicht an die unermessliche Brillanz von Trumps Haaren heranreichen. Irgendwie ist ein solcher Vergleich scheiße, der Anblick eines Buchen- oder Eichenwaldes in wolligen Tönen verströmt einen anheimelnden Eindruck, während das Gehabe dieses Präsidenten eigentlich nur widerlich ist. Greifen wir also zu einem griffigeren Wort für die Beschreibung der Wälder (danke, Thomas Gottschalk!): herbstblond.

Gruben im Sauerland

Überall auf unserer Runde stoßen wir auf Relikte des Bergbaus: Pingen, Pochen, Halden, Mundlöcher aufgegebener Stollen. Gruben im Sauerland? Aber ja doch, ist nur schon eine Weile her. Der Sunderner Ortsteil Bönkhausen, hier leben heute etwas mehr als 20 Menschen, war seit dem Mittelalter ein wichtiges Zentrum für Silber-, Blei und Eisenerzgewinnung. Der Churfürst-Ernst-Stollen ist heute noch zu sehen.

Chemische Keule gegen Käfer

In den Wäldern entdecken wir auch auf erste Hinweise eines chemischen Angriffs auf Buchdrucker und Kupferstecher. Ein unauffälliges Schild an einem Polter warnt vor Berührung der Stämme, weil: Das Holz ist mit einem Insektizid aus der Gruppe der Pyrethroide gespritzt worden. Pyrethrum kennen die belesenen Gärtner unter den Wanderern: Chrysanthemen produzieren dieses natürliche Insektengift. Habt ihr schon mal Borkenkäfer an den Herbstblumen gesehen? (Kalauer aus)

Alpha-Cypermethrin und Aus!

Ausgefuchster ist das Fangsystem TriNet, das dem unbedarften Wanderer erst einmal Rätsel aufgibt. Das ist ein kleines, steiles Dreieckszelt, auch hier der Vermerk „Finger weg“. Mmmh. Die mit einem feinmaschigen Polyfasernetz umgebene Dreibeinkonstruktion lockt Borkenkäfer mit Pheromonen an; landen sie auf dem mit Alpha-Cypermethrin behandelten Netz, war‘s das für sie.
Ein Vesper-Richtfest in einer nagelneuen Schutzhütte haben wir auch noch gefeiert. Sie steht im Bereich „Waldeshöhe“ und man könnte fast glauben, die Betonfundamente sind noch feucht. Und zum Schluss kriegen wir auf einer Anhöhe noch mal die volle Breitseite Herbst, ein Panorama mit allen leuchtenden Farben des Waldes.

 

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