Um die stillen Dörfer

Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Windisch isset heute hier, in Cobbenrode, aber sonnig und kalt. Wir starten von der Nikolaus-Kirche im Ort zu einer Tour zu den stillen Dörfern hinterm Berg.
Oberhalb des Ortes werden wir erst einmal Augenzeuge eines Kettensägen-Massakers. Blaufichten liegen auf einer Fläche so groß wie ein Fußballplatz sinnlos umgenietet und reglos nebeneinander. Warum?, fragen wir uns. Und warum stellt hier niemand ein Pappschild mit der Aufschrift „Warum?“ auf als stille Mahnung? So einen Menschen gab es mal, in echt jetzt, Timo Tasche hieß er. Als reisender Beileidstourist drückte er an jedem Unglücksort mit seiner Pappe und der Frage „Warum?“ sein Mitgefühl aus. Mit krummem Buckel ziehen wir bedrückt weiter. So viele Fragezeichen!

F-Stellung, nichts Anstößiges!

Hinterm Berg liegt Obermarpe, das erste stille Dorf in der Reihe vor Dormecke und Niedermarpe. Autos sehen wir, aber niemanden, der sie steuern könnte. Alles ruhig, kein Lebenszeichen. Und hinter Obermarpe hinterm Berg liegt die alte F-Stellung des vormaligen FlaRakBtl22. F-Stellung ist nichts Anstößiges, glauben Sie mir, es steht für Feuerleitstelle des Oedinger Flugabwehrraketen-Bataillons 22. Von hier oben aus sollten die Nikes aus der A-Stellung (Abschussbasis) weiter unten im Tal mit ihren Atomsprengköpfen auf angreifende Ziele gelenkt werden. Dass die Raketen nicht einmal das Territorium der damaligen DDR erreichen konnten; geschenkt. Die Doktrin von der „Fulda-Gap“ stand dafür, dass der Russe über diese Flanke in die BRD einfallen würde und dass man ihn dort unbedingt stoppen müsse, koste was es wolle, auch die atomare Verseuchung des eigenen Nestes. Soweit die populäre Auslegung alter Kalter-Krieg-Theorien. Jetzt werden hier, sehr sinnvolle Sache, Rettungshunde ausgebildet.

Die Kapellen: sehr verschlossen

Auch Dormecke schweigt, die kleine Kapelle ebenso wie ihre Kollegin in Obermarpe: sehr verschlossen! Also weiter nach Niedermarpe. Wenigstens tröstet uns dort, an der (verschlossenen, was sonst) Kapelle ein munterer Bach. Sein Wasser hat eine enorme Reisegeschwindigkeit! Eine Info-Tafel gibt den Rat, sich am Ufer hinzulegen und dem Murmeln und Rauschen des Wassers zu lauschen. Zwar ist die Natur schon vom Eise befreit bzw. es gab erst gar keins, aber das Grün ist uns doch zu nass. Überhaupt Grün. Die Kastanie an der Kapelle protzt bereits mit saftigen Knospen. Zu früh? Auch die regionale Tageszeitung wies auf ihrer Kinderseite darauf hin, dass bereits viele Pflanzen sehr früh blühen. Gezeigt wurden: u.a. Primeln in Töpfen (die aus dem Baumarkt stammen). Wetterexperte Jörg Kachelmann, der aus guten Gründen schlecht auf die Presse zu sprechen ist, hätte dafür einen passenden Begriff: Vollpfostenjournalismus.

Da stehen grüne Kreuze

Und dann war da noch ein schmales grünes Kreuz, das in Niedermarpe vor einem Bauernhof vor sich hinschwieg. LandwirtInnen weisen mit dieser Aktion auf ihre Existenznöte hin und protestieren gegen den Agrarpakt. Als Portal für bewusste Ernährung und ethische Viehhaltung meinen wir: Ja, Landwirte müssen gerechter und besser entlohnt werden für die Produktion unserer Lebensmittel. Milch und zu viel Fleisch werden unter dem Druck der Discounter zu billig verramscht. Ja zu mehr Tierwohl und zu größeren Ställen und Auslaufflächen für Tiere. Aber auch ein klares Nein zu Insektensterben und zu nitratbelastetem Grundwasser.
Tja, schwierig. Irgendwann müssen wir anfangen, unser Konsumverhalten zu ändern.

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