Es ist Sommer angesagt

Von Franz (Fotos) und Michael (Text) – Passiert uns auch nicht oft, dass zwischen zwei Wanderungen eine ganze Jahreszeit liegt: Den Frühling haben wir seit der Tour am Ohlenkopf mit reichlich Schnee (24. März) einfach übersprungen. Denn als wir in Blüggelscheidt starten, ist bei Temperaturen um 27 Grad Sommer angesagt.

Blüggelscheidt bei Ramsbeck ist in diesem Jahr Ort der Konferenz internationaler Wanderkorrespondenten. Es finden sich ein: Franz L. (Kanaren, La Gomera), Martin B. (Nepal) und Michael S., S wie Sauerland. Für Treckingexperte Martin ist es ein Abstieg von hohem Niveau: von 5000 Metern Höhe in die tiefste Provinz, wobei wir schnell zur Ehrenrettung von Blüggelscheidt anfügen, dass es ein herzallerliebster Weiler ist.

„Nein, dieses linde Grün!“

Am Ortsausgang steigen wir eine beschwingte Landschaft hoch. Nein, dieses linde Grün! Die Bäume haben noch nicht voll ausgetrieben, auf den Wipfeln scheinen silbergrau-grünliche Tupfer zu schweben. An den Nordseiten der Hänge müssen die Buchenblätter erst noch die welken braunen Knospenhülsen abwerfen, bevor auch sie hellgrün leuchten. Der Anblick ist ein echter Stimmungsaufheller.

Landschaftsbilderklärer Franz erzählt Martin und mir irgendwas von Bergwerken, die hier noch zu finden seien. Auf der Suche gehen wir auch wieder kleine Strecken, die wegloser als weglos sind. Mann, der Kerl ist frech wie ein Drillsergeant im Bootcamp: „Richtung die ich zeige, 180 Meter, marsch, marsch!“ Mmh! Die Bergwerke müssen untergegangen sein wie einst Atlantis. Nur hier und da zeugen gemauerte Überreste von der Anwesenheit früherer Befestigungen.

Eine höchst agile Blindschleiche

Die ersten Wegstrecken sind toll, gewundene Pfade mit kurzen Sichtweiten. Das erhöht die Spannung, weil man nicht schon sieht, was in zwei Kilometern auf einen zukommen wird. Dafür stoßen wir auf eine höchst agile Blindschleiche vor unseren Füßen, die von den beiden internationalen Wanderkorrespondenten sofort ins Visier genommen wird. Nach einigen Foto-Shootings schlängelt sie sich hastig davon.

Ein Gangsta-Rapper, der Blume heißt

Wie kommt man nur von „Blindschleiche“ gedanklich auf einen zum Fettsteiß neigenden Gangsta-Rapper, der Blume heißt? Ganz einfach, Kollegah. Die Echo-Verleihung an just dem gleichen Tag, an dem die Juden in Israel landesweit den Jom haScho’a begehen, an ein antisemitisches und schwulenfeindliches Rapper-Duo schlägt dem Fass den Boden aus. Nein, wir müssen die Regeln und Rollenspiele des Battle-Rap nicht verstehen und es hat auch nichts mit Freiheit der Kunst oder Zensur zu tun, aber die Jury hätte den Preis niemals an Musiker verleihen dürfen, die in ihren geschmacklosen Texten Frauenhass und Antisemitismus propagieren. Was Deutschland fehlt, ist ein Gedenktag an den Holocaust wie in Israel. Ein Tag, an dem 80 Millionen bundesweit für Minuten schweigend stillstehen und der Ungeheuerlichkeit des Judenmordes gedenken; wer sich bewegt, ist ein Nazi.

Mann ey!

Ist natürlich schwer, von diesem Erregungspotenzial wieder auf die Höhen des Bastenberges bei Blüggelscheidt zu kommen. Kontemplative Blicke in die Ferne – Briloner Höhe? Eher Warstein! – und auf die seelenruhig vor sich hinmahlenden Windräder über dem Ort kühlen das Gemüt schließlich herunter. Mann ey!

 

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